Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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bei den Beratungen über den Anschluß des Herzogtums an den Norddeutschen 
Bund mitzuwirken. Bei Gelegenheit der Beratung des Entwurfs einer Verfassung 
des Norddeutschen Bundes bemerkte Bismarck (4. Juni 1867) zu Seebach, er 
in Leipzig und Göttingen, war im Jahre 1829 in den königlich sächsischen Staatsdienst einge- 
treten. Er bekleidete hier im Jahre 1849 zu Dresden die Stelle eines Appellationsgerichts- 
rats und war zur Aushilfe im Justizministerium beschäftigt, als ihm am 1. Dezember des 
gedachten Jahres der damals regierende Herzog Ernst 1I. von Sachsen-Coburg und Gotha 
auf den Vorschlag des früheren königlich sächsischen Ministers v. Carlowitz zur Ordnung 
der damals vielverworrenen öffentlichen Verhältnisse in Coburg-Gotha und zur obersten 
Leitung seiner Staatsverwaltung in beiden Herzogtümern als Minister berief. Schon 
damals anläßlich dieser Berufung rühmte das „Dresdner Journal“ (Nr. 317 vom 
17. November 1849) die ausgezeichneten Eigenschaften seines Geistes und Herzens und 
seinen natürlichen, durch vielseitige Bildung und namentlich gründliche Rechtskenntnisse 
erhöhten Scharfblick. In Uebereinstimmung mit dem Herzog Ernst war Seebach erfolg- 
reich bemüht, die Gesetzgebung der Herzogtümer nach den Grundsätzen weiter zu führen, 
nach denen die Verfassung für Gotha vom 27. März 1849 aufgebaut war. Seine Be- 
mühungen, die beiden Herzogtümer völlig zu vereinigen, hatten freilich keinen vollen Erfolg, 
er mußte sich in dieser Hinsicht anfänglich damit begnügen, daß durch das Staatsgrundgesetz vom 
3. Mai 1852 wenigstens ein gemeinsamer Landtag ins Leben gerufen und das Verhältnis zum 
Herzoge, die Beziehungen zum Bunde und nach außen, das Staatsministerium, der Staats- 
gerichtshof, das Militärwesen und die Appellgerichte für gemeinsame Angelegenheiten erklärt 
wurden. Erst 1874 kam ein Gesetz zu stande, nach welchem durch einen Beschluß der 
Landtage beider Herzogtümer oder einen mit Zustimmung der Mehrheit der Abgeordneten 
eines jeden der beiden Herzogtümer zum gemeinschaftlichen Landtage gefaßten Beschluß 
des letzteren auch andere Angelegenheiten zu gemeinsamen erklärt werden können. Auf 
diesem Wege wurde noch in demselbem Jahre (1874) das gesamte Justizwesen zu einer 
gemeinsamen Angelegenheit erklärt. Auf Veranlassung Seebachs kamen unter anderem für 
Gotha im Jahre 1853 Gesetze über die Ablösung der Grundlasten, über die Zusammen- 
legung der Grundstücke, wegen Errichtung einer Landeskreditanstalt, 1858 ein Gesetz über 
die Organisation der Verwaltungsbehörden und ein Gemeindegesetz, 1872 ein Gesetz über 
die Volksschulen, in Coburg 1853 ein Gesetz über die Zusammenlegung der Grundstücke, 
1858 ein Volksschulgesetz, 1867 ein Gemeindegesetz zu stande. 
Seebach verblieb in seiner Ministerstellung vom 1. Dezember 1849 bis zum 1. Aprik 
1888, an welchem Tage auf sein Ansuchen die Versetzung in den ehrenvollen Ruhestand 
erfolgte, nachdem er am 1. Dezember 1874 sein 25jähriges Minister= und am 4. No- 
vember 1879 sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum gefeiert hatte. 
In einer bei dieser letzteren Gelegenheit gehaltenen Rede bemerkte Seebach: „Blicke 
ich zurück in die Zeit, zu der ich hierher berufen wurde, und vergleiche ich die Zustände, 
wie ich fie damals vorfand, mit den jetzigen, so muß ich wohl den letzteren das Zeugnis 
geben, daß sie in mancher Beziehung besser sind als die früheren. Allein, glauben Sie 
mir, zum großen Teil hat sich das so ganz von selbst gemacht. Die Zustände waren eben 
zu so unhaltbaren geworden, daß sie selbst mit zwingender Notwendigkeit zu einer Aenderung 
hindrängten. Ich darf nur daran erinnern, daß damals in den beiden Herzogtümern noch 
zwei verschiedene und sogar in ihren Grundprinzipien wesentlich von einander abweichende 
Verfassungen in Kraft waren, daß es auch für diejenigen Dinge, die den beiden Landes- 
teilen ihrer Natur nach gemeinschaftlich sein mußten und für beide nur gleichmäßig geregelt 
werden konnten, an einem gemeinschaftlichen Organ der Landesvertretung fehlte, so daß ich, 
um nur eins zu erwähnen, was schon jetzt vielen unter Ihnen als kaum glaublich erscheinen
	        
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