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der Bündnisverträge zwischen Preußen und den norddeutschen Regierungen.
Auf die letzteren Verhandlungen beziehen sich folgende Briefe Seebachs:
Berlin, 11. August 1866.
An Freiin Wanda v. Seebach.
„Der gestrige Tag ist vorübergegangen, ohne daß ich Graf Bismarck ge-
sprochen. Er ist unwohl und dabei sehr präoccupirt, namentlich, wie es scheint,
durch die Haltung Frankreichs, die nach der Berliner Ausdrucksweise „eklich“
zu werden anfängt. Bin ich recht unterrichtet, so ist eine Depesche aus Paris
eingegangen, die sich in sehr bitterem Tone darüber ausspricht, daß Preußen
jetzt in seinen Annexionen viel weiter gehen wolle, als es in den früheren Ver-
handlungen in Aussicht gestellt, und ziemlich kategorisch fordert, entweder, daß
Preußen auf diese weitergehenden Annektirungen verzichte oder Frankreich ent-
sprechende Kompensationen gewähre. Für den letzteren Fall soll bereits die
Pfalz und ein Teil des an Frankreich grenzenden preußischen Gebiets als ein
geeignetes, Luxemburg dagegen als ein ungeeignetes Kompensationsobjekt be-
zeichnet worden sein. Diese Wendung wäre eine überaus unerfreuliche, sie könnte
leicht zu neuen kriegerischen Komplikationen führen, und würde jedenfalls auf
die ohnehin unangenehmen Verhandlungen, die ich hier zu pflegen habe, eine
lähmende Rückwirkung äußern.
„Ueber die Dauer meines hiesigen Aufenthalts bin ich selbst noch ganz im
ungewissen, fürchte aber sehr, daß er sich etwas in die Länge ziehen wird, da
man die Absicht zu haben scheint, über den Bündnisvertrag mit sämtlichen
Beteiligten gleichzeitig zu verhandeln, und noch mehrere Bevollmächtigte für
diese Verhandlungen fehlen. Das wäre sehr fatal, denn ich habe es schon heute
hier herzlich satt. Das Wetter ist abscheulich und ich denke es daher ruhig in
meinem Zimmer abzuwarten, ob mir heute Graf Bismarck eine Stunde be-
stimmen wird.“
*
Berlin, 13. August 1866.
An Freiin Wanda v. Seebach.
„Noch sehe ich für meinen Aufenthalt hierselbst kein Ende. Heute werde ich
vielleicht erfahren, ob die Vollziehung des Bündnisvertrages, die ich, nachdem
mich der Herzog einmal damit beauftragt hat, doch notwendig abwarten muß,
bis zum Mittwoch erfolgen kann. Hätte ich mindestens die Befriedigung, in den
anderen Angelegenheiten,“) über die ich verhandeln soll, etwas ausrichten zu
können! Damit sieht es aber ebenfalls windig aus. Die Herren in dem aus-
wärtigen Ministerium haben alle den Kopf so voll, daß sie nur mit halben
Ohren hören. Zu einer eigentlichen Verhandlung habe ich noch gar nicht
*) Gemeint ist vermutlich die Abtretung der Grasschaft Schmalkalden an das Herzog-
tum Sachsen-Coburg und Gotha.