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Zu stellvertretenden Bevollmächtigten zum Bundesrat wurden ernannt: für
Preußen der Geheime Ober-Regierungsrat im Reichs-Eisenbahn-Amt Kraefft,
der Geheime Regierungsrat im Reichskanzler-Amt für Elsaß-Lothringen
Dr. Schulz und der Geheime Regierungsrat im Ministerium der öffentlichen
Arbeiten Fleck, für Bayern der Generaldirektor der Verkehrsanstalten
v. Hocheder, für Königreich Sachsen an Stelle des Zoll= und Steuer-
direktors Wahl der Geheime Finanzrat Hoffmann, für Württemberg der
Abteilungschef im Kriegsministerium, Wirklicher Geheimer Kriegsrat Horion und
der Generaldirektor der württembergischen Verkehrsanstalten, Geheimer Rat
v. Dillenius, für Baden der Generaldirektor der Staatseisenbahnen Eisenlohr 1),
für Hessen der Regierungsrat Schulz.
Die letzteren Berufungen standen in Verbindung mit der alsbald be-
ginnenden Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs, betreffend die Regelung des Güter-
tarifwesens.
Auffallend war es, daß der Minister für Landwirtschaft Dr. Friedenthal
während der Zolltarifreform, bei der doch bedeutende agrarische Interessen in
Frage kamen, nicht zum Mitglied des Bundesrats bestellt wurde. Es hängt
dies wohl damit zusammen, daß derselbe die Tarifvorschläge Bismarcks in einer
ihm besonders am Herzen liegenden Position (Getreidezölle) nicht unterstützen
zu können glaubte. Sein Rücktrittsgesuch war gleichwohl nur auf Gesundheits-
rücksichten begründet.
Bismarck führte den Vorsitz in den Sitzungen des Bundesrats vom
30. September und 21. Oktober 2) 1878, 8. Februar, 29. März, 3) 3. April
und 10. Juli 1879.
Nach Kohls Bismarck-Regesten hätte Bismarck auch in einer Bundesrats-
sitzung vom 6. Juli 1879 den Vorsitz geführt. An diesem Tage fand aber
eine eigentliche Sitzung des Bundesrats gar nicht statt, es wird sich also nur
um eine vertrauliche Besprechung des Bundesrats gehandelt haben. Den Gegen-
stand bildete auch keine Beschlußfassung, sondern nur die Stellungnahme der
Reichsregierung gegenüber den Beschlüssen des Reichstags in Sachen der Zoll-
tarifreform.
Die Annahme, daß der neuernannte Stellvertreter des Reichskanzlers
Graf zu Stolberg-Wernigerode in der Regel von Bismarck im Vorsitz des
Bundesrats substituirt werden würde, erfüllte sich nicht. Eingeweihten mußte
die betreffende Zeitungsnotiz von vornherein Mißtrauen einflößen. Eine Vor-
1) cf. Bd. II. S. 78.
2) Daß Bismarck an diesem Tage den Vorsitz im Bundesrat führte, ist in Kohls
Bismarck-Regesten übersehen.
3) Kohl läßt in seinen Bismarck-Regesten irrtümlicherweise Bismarck auch in einer
Sitzung des Bundesrats vom 28. März 1879 präsidiren. An diesem Tage hat eine Sitzung
des Bundesrats gar nicht stattgefunden.