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streben, daß deutsche Güter auf deutschen Bahnen unter allen Umständen min—
destens ebenso günstig behandelt und nicht teurer gefahren werden als fremde.
Dieses ist eines der wesentlichsten und meiner Ansicht nach im wirtschaftlichen
Interesse das dringlichste unter den Resultaten, welche ich, nach Befehl Sr. Majestät
des Kaisers, bei der Verhandlung über den Antrag auf gesetzliche Regelung der
Tarifverhältnisse zu erstreben haben werde.
Indem ich im übrigen auf die Begründung des Präsidialantrages vom
7. v. Mts. Bezug nehme, beehre ich mich, den Bundesrat um geneigte Beschluß-
fassung über denselben ganz ergebenst zu ersuchen.“ 1)
In der Sitzung des Bundesrats vom 27. März 1879 schlug der Vor-
sitzende vor, über den Antrag auf Einsetzung eines Ausschusses zur Ausarbeitung
eines Gesetzes zur Regelung des Gütertarifwesens auf den deutschen Eisenbahnen
in der nächsten Sitzung des Bundesrats auf vorherige Verweisung an einen
Ausschuß abzustimmen. Der Königlich württembergische Bevollmächtigte kündigte
folgenden Antrag an:
„Für den Fall, daß der erste Teil des Antrages vom hohen Bundesrat
zum Beschluß erhoben würde, in dem Antrage fortzufahren: „und zu diesem
Behufe einen besonderen Bundesrats-Ausschuß berufen zu wollen, in welchem
außer dem Präsidium die weiteren Bundesstaaten, welche eigene Staatsbahn-
verwaltung besitzen, durch eine vom Bundesrat näher zu bestimmende Zahl von
Bevollmächtigten vertreten werden."
Nachdem von mehreren Seiten der Wunsch ausgesprochen war, die Be-
schlußfassung auszusetzen, erklärte der Vorsitzende, daß er den Gegenstand auf
die Tagesordnung der nächsten Sitzung bringen werde.
In der Bundesratssitzung vom 29. März 1879, in welcher Fürst Bismarck
den Vorsitz führte, trat derselbe mit großer Wärme für die reichsgesetzliche
Regelung der Frage ein, und zwar unter näherer Darlegung der Gesichtspunkte,
welche in seinen beiden Anschreiben an den Bundesrat über die Materie ent-
wickelt waren. Er bemühte sich vergeblich, die Bedenken der einzelnen und
namentlich der an der Konferenz beteiligt gewesenen Regierungen gegen die ge-
setzliche Regelung der Tarife zu überwinden, indem er u. a. darauf hinwies,
daß das Tarifgesetz die Rentabilität der Staatsbahnen nicht nur nicht schädigen,
sondern sogar besser sichern werde als bisher. Den Versuch, den Antrag jetzt
noch zur Prüfung namentlich der Frage, gesetzliche Regelung der Tarife oder
nicht, und zur Erörterung der Zusammensetzung des besonderen Ausschusses an
die ständigen Ausschüsse des Bundesrats zu verweisen, wehrte der Reichskanzler
mit der Erklärung ab, einen solchen Beschluß müsse er nach Lage der Dinge
1) Besprechung der „Weser-Zeitung"“ über die durch den Antrag Bismarcks hervor-
gerufenen Bemerkungen der „Deutschen Verkehrs-Zeitung“, abgedruckt in der „Nordd. Allg.
Ztg.“ Nr. 59 v. 27. 2. 79.