— 96 —
Tarifen mehr als 20 Prozent des Tarifs der billigeren Linie beträgt, ist zur Auf-
nahme der Konkurrenz die Genehmigung der Landesaufsichtsbehörde mit Zu-
stimmung des Reichs-Eisenbahn-Amts erforderlich. Bei Meinungsverschiedenheit
entscheidet der Bundesrat. — Diese Bestimmungen finden auch Anwendung,
wenn es sich um die Uebertragung eines fremdländischen oder eines unter Be-
teiligung fremdländischer Bahnen vorschriftsmäßig hergestellten Tarifs auf eine
andere, dieselben Stationen verbindende Linie handelt, falls die Länge der an
der letzteren beteiligten deutschen Eisenbahnstrecken hinter der Länge der an dem
zu übertragenden Tarife beteiligten deutschen Eisenbahnstrecken nicht mehr als
um 20 Prozent zurückbleibt.
§ 8. Bei der Einrichtung direkter Expeditionen in Gemäßheit des Art. 44
der Reichsverfassung sind die Eisenbahnen verpflichtet, für den gemeinschaftlichen
Tarif die niedrigsten Streckenfrachtsätze zu bewilligen, welche sie auf der betref-
fenden Bahnstrecke für die gleichartigen Frachtgegenstände und für die gleiche
Leistung bei gleicher oder geringerer Länge des innerhalb des Reichsgebiets zurück-
gelegten Weges in irgend einem andern Verkehr erhoben, sofern dies vom
Reichs-Eisenbahn-Amt im allgemeinen Verkehrsinteresse verlangt wird. — Auf
Streckenfrachtsätze, welche sich aus der Uebernahme des billigeren Tarifs oder
einer anderen Linie (§ 7) ergeben, findet diese Bestimmung keine Anwendung.
§ 9. Die Aufhebung direkter Expeditionen ist nur mit Zustimmung des
Reichs-Eisenbahn-Amts statthaft.
Zweiter Abschnitt:
Veröffentlichung und Anwendung der Tarife.
§ 10. Die Beförderungspreise und die Nebengebühren sowie die in dem
Betriebsreglement vorgesehenen Konventionalstrafen und die Lieferungszeiten
müssen aus den Tarifen ersichtlich sein. — Außer den in die Tarife ausgenom-
menen Beträgen darf nur der Ersatz notwendiger barer Auslagen gefordert werden.
§* 11. Die äußere Einrichtung der Tarife bestimmt der Bundesrat. —
Die Tarife sowie alle Aenderungen derselben sind in dem vom Bundesrat zu
bezeichnenden Anzeigeblatt nach Maßgabe der von ihm zu erlassenden Bestim-
mungen bekannt zu machen. — Nicht vorschriftsmäßig veröffentlichte Tarife sind
ungiltig.
§ 12. Die Veröffentlichung anderer als vorschriftsmäßig festgestellter
sowie die Anwendung nicht vorschriftsmäßig veröffentlichter Tarifvorschriften,
Beförderungspreise, Nebengebühren oder Konventionalstrafen ist verboten.
§ 13. Tariferhöhungen sowie Erschwerung der Beförderungsbedingungen
dürfen nicht vor Ablauf von 6 Wochen vom Tage der Ausgabe des Anzeige-
blattes (§ 11) in Vollzug gesetzt werden. — Tarifermäßigungen müssen min-
destens 6 Monate hindurch in Geltung bleiben. — Das Reichs-Eisenbahn-Amt
ist befugt, im Einzelfall Abweichungen hiervon zu gestatten.