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9. Essaß-lothringische Knugelegenheiten.
Gesetz, betr. die Verfassung und Verwaltung von Elsaß-
Lothringen. Am 15. Mai 1879, dem Tage, als die Eröffnung der Berlin-
Metzer Bahn den Hauptwaffenplatz des Reichslandes mit einem neuen eisernen
Band in unser Wehrsystem einfügte, wurde der Gesetzentwurf veröffentlicht,1)
welcher berufen war, das staatliche Leben in den Reichslanden, den Wünschen
der elsässischen Autonomisten entsprechend, in ein neues Geleise zu führen. Der
Entwurf entsprach in allen Beziehungen den Andeutungen, die der Reichskanzler
im voraus darüber gegeben hatte. Wenn eine ausdrückliche Bestimmung über
die Beziehungen des Reichskanzlers zum Reichsland vermißt wurde, so möge
man sich erinnern, daß Fürst Bismarck selbst die künftige Stellung des Kanzlers
in dieser Beziehung lediglich als eine Vertrauensstellung dem Kaiser gegenüber
bezeichnet hatte, welcher seinerseits sich die Möglichkeit wahren werde, über die
Zweckmäßigkeit Allerhöchster Vollziehung der ihm vorgelegten Vorschläge mit dem
Reichskanzler in Beziehung zu treten. Eine formelle Bestimmung im Gesetz
über dieses Verhältnis würde mit großen Bedenken für die Stellung des Statt-
halters verknüpft gewesen sein. Die Hauptsache war wohl, daß der Statthalter
selbst ein Mann des Vertrauens sowohl des Kaisers als auch des Kanzlers
sein mußte.
Der Ausführung des oben S. 4 ff. von Bismarck angeregten Gedankens,
Elsaß-Lothringen eine Beteiligung an den Beratungen des Bundesrats mit be-
ratender Stimme in dem Sinne einzuräumen, daß Delegirte, welche vom Landes-
ausschusse zu wählen sein möchten, mit dieser Vertretung zu betrauen wären,
waren entscheidende Bedenken entgegengetreten. Eine Vertretung Elsaß-Loth-
ringens im Bundesrat war jedoch jedenfalls nötig, sowohl um die Vorlagen
aus dem Bereich der Landesgesetzgebung, welche an den Bundesrat zur Be-
ratung und Beschlußfassung gelangen, namens der Regierung zu vertreten, als
um die Interessen des Landes zur Geltung zu bringen, welche durch die in das
Gebiet der Reichsgesetzgebung fallenden Beschlüsse berührt werden. Der Gesetz-
entwurf schlug zu diesem Zwecke vor, daß zu den Beratungen des Bundesrats
Kommissare zugelassen werden sollen, welche bezüglich der Landesgesetzgebung
in ähnlicher Weise wie bisher die Kommissare aus dem Reichskanzler-Amt für
Elsaß-Lothringen und dem Reichs-Justizamt die dem Bundesrat in diesem
Nr. 133 v. 12. 4. 79, Bericht der Reichsschuldenkommission Nr. 191 v. 19. 5. 79, Nach-
weisung der Monatsbeiträge, bis zu welchen die ihr Militärkontingent nicht selbst verwal-
tenden Staaten von der Militärverwaltung in den einzelnen Monaten des Etatsjahres
1879/|80 unmittelbar zu Zahlungen in Anspruch genommen werden können, Nr. 243 v.
20. 6. 79.
1) „Nat.-Ztg.“ Nr. 223 v. 15. 5. 79, „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 185 v. 15. 5. 79.
Kritik des Entwurfs „Nat.-Ztg.“ Nr. 223 v. 15. ö. 79 u. 225 v. 16. 5. 79. Begründung
des Entwurfs „Nat.-Ztg.“ Nr. 259 v. 7. 6. 79#.