Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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von ihm geplante Maßregel wirtschaftlicher oder administrativer Natur vom 
Standpunkte der Justizverwaltung Bedenken zu erheben seien. Ein eigentliches 
Hineinregieren in die Justizdepartements des Reichs und Preußens ist aber nur 
in ganz seltenen Fällen zu konstatiren. Deshalb wiederhole ich: Bismarck hat 
dem im Bundesrat unerledigt gebliebenen Gesetzentwurf über die Vollstreckung 
der Freiheitsstrafen sicherlich keine Thränen nachgeweint, wie denn auch die 
Initiative zu dessen Ausarbeitung nicht von ihm ausgegangen war. 
Der vom Bundesrat beschlossene Gesetzentwurf über die Anzeige- 
pflicht bei dem Auftreten gemeingefährlicher Krankheiten muß 
von Bismarck aufgehalten worden sein, da es nicht in der Gewohnheit des 
Kaisers war, in Fragen dieser Art seinem Kanzler irgendwie hineinzureden. 
Diesmal lag umgekehrt dem Bundesrat an dem Gesetzentwurf nicht viel, da es 
ja jedem Mitglied desselben freigestanden hätte, sich über dessen Schicksal zu 
erkundigen und die Befassung des Reichstags damit zu urgiren. 
Der Vorgang fällt in die Zeit, da die Tage des guten, sagen wir besser 
leidlichen Verhältnisses Bismarcks zu dem Staatsminister Hofmann bereits vorüber 
waren. Hofmann hatte augenscheinlich den Gesetzentwurf auf eigene Faust 
ausarbeiten lassen und in den Bundesrat eingebracht, und Bismarck mochte 
davon erst Kenntnis erhalten, als es sich darum handelte, die Kaiserliche Ge- 
nehmigung zur Einbringung der Vorlage an den Reichstag zu erwirken. Wenn 
Bismarck nun sein Veto aussprach, so wollte er dem Staatsminister Hofmann 
gegenüber markiren, daß bei dieser Geschäftsbehandlung an ein ferneres gedeih- 
liches beiderseitiges Zusammenwirken nicht zu denken sei. 
Während die Vorlage über die Strafgewalt des Reichstags über 
feine Mitglieder der Beratung des Bundesrats unterlag, wurde im preußi- 
schen Abgeordnetenhaus ein Antrag der Ultramontanen eingebracht, dahin gehend, 
die Staatsregierung aufzufordern, die Bevollmächtigten Preußens zum Bundesrat 
anzuweisen, daß sie dem Gesetzentwurf ihre Zustimmung nicht erteilen. Bei 
Beratung des Antrags im Abgeordnetenhause nahm der Vizepräsident des Staats- 
ministeriums Graf zu Stolberg zu einer kurzen Bemerkung namens der Regierung 
das Wort. Die Frage, sagte er, ob es als zweckmäßig zu erachten sei, über 
Entwürfe von Reichsgesetzen, die bereits dem einen Faktor der Gesetzgebung 
vorlägen, schon vorher im preußischen Landtage ein Votum abzugeben, werde 
das Haus ja selbst durch die Abstimmung über den Antrag beantworten; was 
aber die Stellung, die Auffassung der Staatsregierung zu dieser Frage betreffe, 
so halte die Staatsregierung es in der Regel für nicht angemessen, über Ent- 
würfe von Reichsgesetzen, während sie der Diskussion des Bundesrats unterlägen, 
sich außerhalb desselben zu äußern, und namens des Staatsministerums sei er 
daher in der Lage, die Erklärung abzugeben, daß, wenn hier Aeußerungen der 
Staatsregierung über den Inhalt des Gesetzes gewünscht werden sollten, die 
Regierung es ablehnen müßte, auf solche Erklärungen einzugehen. Obwohl der
	        
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