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Der Minister Camphausen übernahm den damaligen Regierungsrat Scholz sofort in
das Finanzministerium. Dort wurde Scholz bald die führende Kraft in der
Etatsabteilung, und sämtliche Ressorts lernten bei den alljährlich stattfindenden
Etatskonferenzen seine Sachkenntnis, Klugheit und Gewandtheit kennen und ohne
Zweifel oft unangenehm empfinden. Scholz war neuen Etatsansprüchen gegenüber
hart und zäh wie Eisen, immer aber so verbindlich in der Form, daß er nach allen
Seiten hin persönlich eine äußerst günstige Stellung behielt. Als er — zunächst
als Unterstaatssekretär — das Reichsschatzamt bei seiner Abtrennung vom Reichs-
kanzler-Amt übernahm, hatte jedermann, der die Verhältnisse kannte, den Eindruck,
daß die Wahl des Reichskanzlers auf den richtigen Mann gefallen sei. In der
That leistete Scholz beim Reichsschatzamt Außerordentliches. Seine zweifellose
und überlegene Sachkenntnis und sein maßvolles, wiewohl etwas allzu reser-
virtes Auftreten verschafften ihm auch im Reichstage Anerkennung. Die jetzige
Gestalt des Reichshaushalts-Etats ist sein Werk. Man war gespannt, wie weit
ihm eine schöpferische Neugestaltung des preußischen Steuerwesens gelingen werde.
Technisch galt er den Aufgaben seines neuen Amtes für durchaus gewachsen.
Er war aber schon damals kränklich. Das Vertrauen des Fürsten Bismarck
besaß er in hohem Grade. In Beamtenkreisen rechnete man es ihm hoch an,
daß er auch nach seiner Ernennung zum Staatssekretär das Gehalt, welches er
als Unterstaatssekretär bezogen hatte, in gleicher Höhe (20 000 Mark) auf dem
Etat stehen ließ, während die übrigen Staatssekretäre sämtlich höhere Gehälter
beziehen.
Nach der Ernennung Burchards zu seinem Nachfolger im Reichsschatzamt
wurde Scholz noch zweimal provisorisch mit der Leitung des Reichsschatzamts
von Bismarck betraut, einmal, als Herr v. Burchard wegen Krankheit längeren
Urlaub nehmen mußte, und das zweite Mal nach dem Rühcktritt Burchards
vom Reichsschatzamt. 1)
1) Ueber die Wirksamkeit des Herrn v. Scholz als Leiter des Reichsschatzamts
finden sich folgende Notizen in den von mir veröffentlichten „Aktenstücken zur Wirtschafts-
politik des Fürsten Bismarck“: 29. Sept. 1879 Unterredung Bismarcks mit dem Unter-
staatssekretär Scholz, betreffend die nächsten legislatorischen Aufgaben des Reichsschatzamts
(Börsensteuer, Quittungssteuer), Bd. I. S. 311. 1. Januar 1880 Erlaß Bismarcks an
Scholz, betreffend die Unterstützung der deutschen Seehandelsgesellschaft (vgl. mein Werk
„Fürst Bismarck als Volkswirt“, Bd. I. S. 269). 16. Juni 1880 Erlaß Bismarcks an den
Unterstaatssekretär Scholz, betreffend den Einfluß von Eisenbahntarifverträgen, Begriff des
Transits, Opportunität einer Besteuerung desselben durch Abänderung des Zollgesetzes, Er-
höhung der Einfuhrzölle gegenüber Rußland und Amerika, Begünstigung Oesterreichs, Akten-
stücke, Bd. I. Nr. 181. 10. Sept. 1880 Besuch in Friedrichsruh. 30. Nov. 1880 Erlaß
Bismarcks aus Friedrichsruh an den Staatssekretär Scholz: Gründe für die Nutzbarmachung
der auf Lager befindlichen alten Thaler, Aktenstücke Bd. II. Nr. 9. 17. Jan. 1881 Erlaß
an den Staatssekretär Scholz, betreffend eine verschärfte Ausführung des Zolltarifs von
1879, Aktenstücke Bd. II. Nr. 13. 2. August 1881 Erlaß aus Kissingen an den Staats-