Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

— 137 — 
Der Minister Camphausen übernahm den damaligen Regierungsrat Scholz sofort in 
das Finanzministerium. Dort wurde Scholz bald die führende Kraft in der 
Etatsabteilung, und sämtliche Ressorts lernten bei den alljährlich stattfindenden 
Etatskonferenzen seine Sachkenntnis, Klugheit und Gewandtheit kennen und ohne 
Zweifel oft unangenehm empfinden. Scholz war neuen Etatsansprüchen gegenüber 
hart und zäh wie Eisen, immer aber so verbindlich in der Form, daß er nach allen 
Seiten hin persönlich eine äußerst günstige Stellung behielt. Als er — zunächst 
als Unterstaatssekretär — das Reichsschatzamt bei seiner Abtrennung vom Reichs- 
kanzler-Amt übernahm, hatte jedermann, der die Verhältnisse kannte, den Eindruck, 
daß die Wahl des Reichskanzlers auf den richtigen Mann gefallen sei. In der 
That leistete Scholz beim Reichsschatzamt Außerordentliches. Seine zweifellose 
und überlegene Sachkenntnis und sein maßvolles, wiewohl etwas allzu reser- 
virtes Auftreten verschafften ihm auch im Reichstage Anerkennung. Die jetzige 
Gestalt des Reichshaushalts-Etats ist sein Werk. Man war gespannt, wie weit 
ihm eine schöpferische Neugestaltung des preußischen Steuerwesens gelingen werde. 
Technisch galt er den Aufgaben seines neuen Amtes für durchaus gewachsen. 
Er war aber schon damals kränklich. Das Vertrauen des Fürsten Bismarck 
besaß er in hohem Grade. In Beamtenkreisen rechnete man es ihm hoch an, 
daß er auch nach seiner Ernennung zum Staatssekretär das Gehalt, welches er 
als Unterstaatssekretär bezogen hatte, in gleicher Höhe (20 000 Mark) auf dem 
Etat stehen ließ, während die übrigen Staatssekretäre sämtlich höhere Gehälter 
beziehen. 
Nach der Ernennung Burchards zu seinem Nachfolger im Reichsschatzamt 
wurde Scholz noch zweimal provisorisch mit der Leitung des Reichsschatzamts 
von Bismarck betraut, einmal, als Herr v. Burchard wegen Krankheit längeren 
Urlaub nehmen mußte, und das zweite Mal nach dem Rühcktritt Burchards 
vom Reichsschatzamt. 1) 
1) Ueber die Wirksamkeit des Herrn v. Scholz als Leiter des Reichsschatzamts 
finden sich folgende Notizen in den von mir veröffentlichten „Aktenstücken zur Wirtschafts- 
politik des Fürsten Bismarck“: 29. Sept. 1879 Unterredung Bismarcks mit dem Unter- 
staatssekretär Scholz, betreffend die nächsten legislatorischen Aufgaben des Reichsschatzamts 
(Börsensteuer, Quittungssteuer), Bd. I. S. 311. 1. Januar 1880 Erlaß Bismarcks an 
Scholz, betreffend die Unterstützung der deutschen Seehandelsgesellschaft (vgl. mein Werk 
„Fürst Bismarck als Volkswirt“, Bd. I. S. 269). 16. Juni 1880 Erlaß Bismarcks an den 
Unterstaatssekretär Scholz, betreffend den Einfluß von Eisenbahntarifverträgen, Begriff des 
Transits, Opportunität einer Besteuerung desselben durch Abänderung des Zollgesetzes, Er- 
höhung der Einfuhrzölle gegenüber Rußland und Amerika, Begünstigung Oesterreichs, Akten- 
stücke, Bd. I. Nr. 181. 10. Sept. 1880 Besuch in Friedrichsruh. 30. Nov. 1880 Erlaß 
Bismarcks aus Friedrichsruh an den Staatssekretär Scholz: Gründe für die Nutzbarmachung 
der auf Lager befindlichen alten Thaler, Aktenstücke Bd. II. Nr. 9. 17. Jan. 1881 Erlaß 
an den Staatssekretär Scholz, betreffend eine verschärfte Ausführung des Zolltarifs von 
1879, Aktenstücke Bd. II. Nr. 13. 2. August 1881 Erlaß aus Kissingen an den Staats-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.