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Mit grundlegenden großen Reformen kam Scholz nach seiner Ernennung
zum preußischen Finanzminister im preußischen Landtage nicht viel weiter als
sein Vorgänger Bitter.) Zu seinem Programm gehörte unter anderm die
konsequente Fortführung der Eisenbahnverstaatlichung und die möglichste Ver—
minderung der dem Staate aus den übernommenen Prioritäten der bereits ver—
staatlichten Bahnen obliegenden Zinsenlast.
Das im Mai 1882 abgelehnte Verwendungsgesetz wurde nicht wieder vor—
gelegt, aber die Staatsregierung hielt die Zwecke desselben fest. Den ersten
der mit jenem Gesetz verfolgten Zwecke, die Aufhebung der vier untersten Stufen
der Klassensteuer, nahm die Staatsregierung durch die Vorlage eines besonders
dahin zielenden Gesetzentwurfes sogleich wieder auf. Zur einstweiligen Deckung
des in den Staatseinnahmen entstehenden Ausfalls wurde eine Steuer vom
Vertrieb geistiger Getränke und von Tabakfabrikaten in Vorschlag gebracht.
Das Abgeordnetenhaus lehnte diese letzten sowie die Befreiung der dritten und
vierten Steuerstufe ab, indem es die Anträge der Regierung im übrigen mit einer
Resolution beantwortete, welche eine Reform der Klassen= und Einkommensteuer
im Sinne der Erleichterung der kleineren und stärkere Heranziehung der größeren
Einkommen sowie höhere Besteuerung der Einkommen aus Kapitalvermögen vor-
schlug (Februar 1883). Diese Reform ist dem Minister von Scholz nicht gelungen.
Zur Zerstreuung der erstmals auftretenden Gerüchte über Differenzen zwischen
Bismarck und Scholz in Betreff des Kapitalrentensteuer-Entwurfs bemerkte die
„Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 23 v. 15. 1. 84: „Wie schon oft, so ist auch jetzt
wiederum der Versuch gemacht worden, einer in der parlamentarischen Beratung
befindlichen Vorlage durch die Ausstreuung von Gerüchten über Verschiedenheiten
in der Stellung des Ministerpräsidenten und des Ressortministers zu derselben
erhöhten Widerstand zu bereiten.
Die Steuervorlage, insbesondere die Kapitalrentensteuer, soll, wie im Ab-
geordnetenhause kolportirt wird, dem Ministerpräsidenten nicht sehr am Herzen
sekretär Scholz, betreffend die Steuerreform, Aktenstücke Bd. II. Nr. 28. 4. Sept. 1881, Varzin,
Schreiben des Grafen Herbert Bismarck namens des Kanzlers an den Staatssekretär Scholz,
betreffend die Holzzölle, Aktenstücke Bd. III. S. 88 Note 2. 6. Sept. 1881 Varzin,
Schreiben an den Staatssekretär Scholz, betreffend die Einführung eines Schutzzolls auf
Erzeugnisse des Kunsthandels. 5. Okt. 1881 Varzin, Schreiben des Grafen Herbert
Bismarck an den Staatssekretär Scholz, betreffend die Handelsvertragsverhandlungen mit
Frankreich, Aktenstücke Bd. II. Nr. 30. 3. Febr. 1882 Staatssekretär Scholz mit v. Dechend
zum Diner bei Bismarck zur Besprechung der Münzfrage. ca. 28. Okt. 1882 Finanzminister
Scholz in Varzin. Horst Kohl läßt in seinen Bismarck-Regesten „2 — 20. Okt. 1882“ den
Finanzminister Scholz in Varzin weilen.
1) Nach Bitters jäbem Abgang brachte die „Nat.-Ztg.“ Nr. 296 v. 28. 6. 82 folgende
Notiz: „Das Finanzministerium wird vorerst Fürst Bismarck selbst übernehmen, Herr Scholz
dasselbe aber in Stellvertretung des Fürsten leiten.“