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Alle diese Verschärfungen werden, nachdem einmal die mildere Form in
allen Zeitungen gleichzeitig bekanntgegeben, denselben also wohl amtlich mit-
geteilt ist, im Reichstag sehr viel weniger Aussicht haben, als der Fall sein
könnte, wenn eine mildere Form nicht amtlich bekannt geworden wäre. Die
Vorlage, wie sie jetzt ist, wird praktisch dem Sozialismus nicht Schaden thun,
zu seiner Unschädlichmachung keinesfalls ausreichen, namentlich da ganz zweifellos
ist, daß der Reichstag von jeder Vorlage etwas abhandelt. Ich bedaure, daß
meine Gesundheit mir absolut verbietet, mich jetzt sofort an den Verhandlungen
des Bundesrats zu beteiligen, und muß mir vorbehalten, meine weiteren Anträge
im Bundesrat im Hinblick auf die ordentliche Reichstagssession im Winter zu
stellen. v. Bismarck.“
Die „Hamburger Nachrichten“ Nr. 149 vom 27. Juni 1894 bemerkten
bei Mitteilung dieses zuerst von den „Berliner Neuesten Nachrichten“ veröffent-
lichten Briefes: „Das Schreiben ist deshalb von besonderem Interesse, weil daraus
hervorgeht, daß Fürst Bismarck weit davon entfernt war, das Sozialistengesetz
von 1878 für ausreichend zu halten und auf die Wirkung der damaligen
Vorlage große Erwartungen zu setzen. Es ist sehr zu bedauern, daß das
ebenso interessante als lehrreiche Schriftstück nicht im Frühling 1890 an die
Oeffentlichkeit gelangt ist, zu einer Zeit, als über die Fortdauer des Sozialisten-
gesetzes entschieden wurde. Diejenigen, welche damals das Gesetz fallen ließen,
weil es ja ohnehin nicht die erwartete Wirkung gehabt habe, und dabei diese
Unfruchtbarkeit selbstverständlich als ein Verschulden des Fürsten Bismarck hin-
stellten, werden sich nun wohl — leider nachträglich — überzeugen, daß dem
ersten Reichskanzler ein wesentlich anderes und wesentlich durchgreifenderes
Sozialistengesetz vorgeschwebt hat, als dasjenige war, mit welchem der Reichstag
im Herbst 1878 befaßt wurde."“ 1)
Von sonstigen Erlassen Bismarcks an Tiedemann, deren Zahl natürlich
groß ist, ist nur noch derjenige vom 16. November 1880 bekannt, betreffend
die gesetzliche Regelung der Unfallversicherung, welchen ich in meinen „Akten-
stücken zur Wirtschaftspolitik des Fürsten Bismarck“ veröffentlicht habe.
Am 1. Oktober 1881 schied Tiedemann aus seiner Berliner Stellung 2)
und übernahm das Regierungspräsidium in Bromberg. Er hatte diese Ver-
änderung nachgesucht, weil die Arbeit ihn körperlich aufrieb, und weil er in
seiner bisherigen Stellung gezwungen war, seine Familie zu vernachlässigen.
Charakteristisch ist, daß er in einem halben Jahre nur zweimal abends zu
1) Vgl. über diesen Brief Bismarcks an Tiedemann auch noch den „Beobachter"“
(Stuttgart) Nr. 149 v. 29. 6. 94, „Berliner Börsen-Courier“ Nr. 296 v. 28. 6. 94,
„Kölnische Volkszeitung“ Nr. 390 v. 2. 7. 94, „Berliner Neueste Nachrichten“ Nr. 338
v. 5. 7. 94, „Nat.-Ztg.“ Nr. 381 v. 28. 6. 94.
2) Zur Verabschiedung von Bismarck begab sich v. Tiedemann in den ersten Tagen
des Oktober 1881 nach Varzin. In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.