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männischen Thätigkeit zu den höchsten Würden im Staate gehoben hat. Nach 1866
begab er sich sofort in die damals in Württemberg schwach besetzte Reihe der
Anhänger der nationalen Einigung Deutschlands unter Preußens Führung.
Seinem aufstrebenden Geiste entsprach es vollständig, daß er im August 1879
zunächst als stellvertretender und im Mai 1880 als ordentlicher Bundesbevoll-
mächtigter nach Berlin berufen wurde. Im Bundesrat war er Mitglied der
Ausschüsse für Zoll= und Steuerwesen, für Justizwesen und für Rechnungs-
wesen, ferner Mitglied der Verwaltung des Reichs-Invalidenfonds. Im Reichs-
tag nahm er als Bevollmächtigter des Bundesrats nur selten das Wort; er
sprach jedoch zur Tabaksteuer, zur Frage der Berufung in Strafsachen, zur
Unfall= und Altersversorgung der in der Land= und Forstwirtschaft beschäftigten
Arbeiter.
Die geschickte Verwendung seiner Kenntnisse und seiner Beredsamkeit sicherte
ihm auch im Bundesrat eine ebenso bedeutsame Stellung wie seinerzeit im
württembergischen Landtag. Er fiel dort wie hier durch sein feuriges, hastiges,
mitunter fast exzentrisches Wesen auf; den Gegner behandelte er gern als Feind,
ohne viel auf dessen Motive zu achten; man fand, daß er leicht persönlich
angriff; mit seiner Schneidigkeit und mit der Lust, den Gegner mit Aufwendung
von viel Pathos seine Ueberlegenheit fühlen zu lassen, verletzte er mitunter.
Dabei war er selbst äußerst empfindlich. Seine Reichspolitik erhellt deutlich
aus seinen Abstimmungen für das Jesuiten-, Zivilehe= und Sozialistengesetz, sowie
durch seine Gegnerschaft des Reichs-Eisenbahnprojelkts.
Schmid hatte für das Kleinste Interesse, was mit Bismarck zusammenhing.
Es war ihm jedesmal ein Genuß, so oft er von seinem nach rückwärts gelegenen
Arbeitszimmer in der Voßstraße 10 aus Bismarck, gefolgt von seinem Hunde,
im Parke des Kanzlerpalais reiten sah. Einmal kam Schmid ganz freudig
erregt und bewegt von einer Bundesratssitzung nach Hause, in welcher Bismarck
Rechtsanwalt in Riedlingen, von 1871—1872 zugleich Stadtschultheiß und Anwalt in
Munderkingen, nachher Rechtsanwalt in Ulm. Von Ehingen 1868 in den Landtag gewähblt,
zeichnete er sich als Berichterstatter über das Gesetz, betreffend die Neuregelung der Steuer-
verhältnisse, dadurch aus, daß er den Regierungsentwurf sehr gewandt verteidigte. Infolge-
dessen wurde er als Ober-Finanzrat ins Finanzministerium berufen und widmete sich fortan
der Regierungskarriere. 1871 wurde er vom 15. württembergischen Wahlkreis, dem seine
Heimat angehört, in den Reichstag gewählt, in welchem er auch bei künftigen Wahlen
verblieb, bis er infolge seiner Ernennung zum württembergischen Bundesbevollmächtigten
1879 das Mandat niederlegen mußte. Sein württembergisches Landtagsmandat behielt er
bei und war im Stuttgarter Halbmondsaal der stets gerüstete, stets schlagfertige Gegner
der Demokratie. Nach mehrjähriger Thätigkeit in Berlin als Vertreter Württembergs im
Bundesrat wurde Schmid 1887 nach dem Tode Julius Hölders von König Karl mit der
Leitung des Ministeriums des Innern betraut. Nekrologe s. die „Schwäbische Kronik“, II. Blatt
des „Schwäbischen Merkur“, Nr. 292 v. 13. 12. 93; Stuttgarter „Deutsches Volksblatt“
Nr. 280 v. 8. 12. 93 und „Neues Stuttgarter Tagblatt“ Nr. 288 v. 8. 12. 93 und
Nr. 291 v. 12. 12. 93.