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zusammengefaßte Beratung der ersteren in den ersten drei Wochen der Bundes-
ratsdiät, und zwar in der Regel ohne Ausschußberatung alsbald im Plenum
in zwei Lesungen. Dadurch werde das Ansehen des Bundesrats wesentlich
wieder gehoben, weil dann der Schwerpunkt der Beratungen aus den Aus-
schüssen wieder in das Plenum des Bundesrats verlegt und dadurch mehr Leben in
die Verhandlungen dieses letzteren gebracht würde; und zugleich würde ein Damm
gegen den übergroßen Andrang von immer neuen Gesetzentwürfen gewonnen
werden, der jetzt aus den preußischen Ministerien das Reich überschwemme.
Wenn solch ein preußischer Ministerialrat einen Gesetzentwurf auf dem Herzen
habe, lasse er seinem Chef so lange keine Ruhe, bis dieser ihn für ein Reichs-
bedürfnis erkenne und an den Bundesrat bringe, in dessen Ausschüssen dann
wieder die preußischen Ministerialräte ihn schützten und förderten. Gelangten
diese Gesetzentwürfe aber vor allem und vor einer Ausschußberatung alsbald
vor das Plenum der versammelten Minister aus allen deutschen Staaten, so
würden sie eine schärfere und unbefangenere Kritik zu erleiden haben und manche
von ihnen schon an der Schwelle fallen. „Ueberhaupt,“ fuhr er fort, „bin ich
sehr für die Kräftigung des föderativen Elements. Wenn es nach meinen
Wünschen gegangen wäre, bestände Hannover noch unannektirt. Aber mit dem
König von Hannover war nicht auszukommen und zu leben; da blieb nichts
übrig, als zur Annexion zu schreiten. Mit Kurhessen wäre auszukommen ge-
wesen; da gab es einen modus vivendi, nämlich das Geld. Ich hatte das
während der Bundestagszeit verschiedentlich mit Erfolg praktizirt. Der Weg
war ganz einfach: das Geld ging an einen Bankier und durch diesen an eine
Dame, die sich Prinzessin nannte. Es hat mir in keinem einzelnen Falle mehr
als hunderttausend Thaler gekostet. Ueberhaupt glaube man doch ja nicht, daß ich
an weitere Vergrößerung Preußens denke; die an mich gelangenden Anerbietungen
dieser Art habe ich jederzeit abgelehnt und werde sie immer ablehnen. Die
müssen aushalten. In der Erhaltung des Föderativstaates erblicke ich eine viel
größere Widerstandsfähigkeit gegen das republikanische Andrängen, das sich im
Reichstage wie in ganz Europa bemerkbar macht, als sie dem Einheitsstaate zu
Gebote stehen würde, wo nur eine einzige Regierung, nicht eine Mehrheit von
Regierungen, dem Reichstage gegenüber stehen würde."“
Nun ging der Reichskanzler über auf den andern Zweck des preußischen
Antrags, die Abstellung des Mißbrauchs, der mit den Substitutionen getrieben
worden, die allerdings manchmal ohne Kenntnis des ursprünglichen Vollmacht-
gebers aus einer Hand in die andere weiter gewandert waren, und der etwas
laxen Praxis in der Zulassung zur Teilnahme an den Beratungen des Plenums.
Die verhängnisvolle Sitzung, in welcher ein preußischer Ober-Postbeamter die
preußische Vorlage wegen der Quittungsstempelsteuer selbst bekämpft hatte, hatte
dem Faß den Boden ausgetreten. Ich bemerkte, daß man gegenüber solch einer
Haltung der eigenen preußischen Beamten nicht habe glauben können, daß der