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seele in ihm war mir bisher unbekannt, ich habe aber natürlich sofort die
nötigen Schritte gethan, um seinen Wunsch zu erfüllen, und bei Herrn v. Schack
das freundlichste Entgegenkommen gefunden. In Oberhof sind bereits die ent—
sprechenden Vorbereitungen getroffen und der glückliche Erfolg wird jetzt wohl
nur noch davon abhängen, ob sich der Herr Generalpostmeister auch in der That
als ein wahrer Nimrod erweist. 1)
Gotha, den 23. Mai 1879.
Briefliches Telegramm an Frau Wanda v. Koethe.
Zeitungen berichten: Minister Seebach wird seine Entlassung nehmen,
Bennigsen an seine Stelle treten. Hast du den Unsinn auch gelesen? Der
wird sich hüten, sich vom Pferd auf den Esel zu setzen! Verleihung des Groß-
kreuzes 2) jedenfalls Veranlassung des Gerüchts.
*
Gotha, den 20. Januar 1880.
An Frau Wanda v. Koethe.
Hier werden wir, wie es scheint, mit Hoffesten nicht eben überschüttet
werden. Der Herzog klagt über sein Befinden, sieht übel aus und wurde
Sonntag nach der Tafel plötzlich von einem so heftigen Unwohlsein befallen, daß
er sofort zu Bett gebracht werden mußte. Schon gestern ging es ihm aber wieder
besser und Hassenstein versichert mir, daß es nur ein allerdings ungewöhnlich starker
Migräneanfall gewesen sei. Der Tod des Herzogs Friedrich hat bei uns natürlich
große Teilnahme erweckt. Sonntag vor acht Tagen war er noch bei mir, aber
freilich kaum zum Wiedererkennen — abgemagert bis zum Skelett, die Augen
gläsern und aus ihren Höhlen hervortretend, ein Bild des Jammers. Gleichwohl
wollte N. unbegreiflicherweise noch an keine Gefahr glauben und war von der
Nachricht seines plötzlichen Todes aufs tiefste erschüttert.
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Gotha, den 13. März 1880.
An Frau Wanda v. Koethe.
Die gestrige „Kreuz-Zeitung“ will ihren Lesern nicht vorenthalten, daß
nach Mitteilungen aus zuverlässiger Quelle die Verlobung des Prinzen Wilhelm
mit der zweitältesten Tochter des verstorbenen Herzogs Friedrich bevorstehe.
Möchte ich nun auch die Zuverlässigkeit dieser Mitteilung einigermaßen bezweifeln,
da sie sich jedenfalls im Irrtum befindet, wenn sie die jüngere Schwester als
die Braut bezeichnet, so wird Dir dieselbe doch wohl die dem fürstlichen Frager
zu gebende Antwort erleichtern.
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1) Stephan war seitdem ein häufig gesehener Jagdgast in Oberhof.
2) Ich glaube, es handelte sich um die Verleihung des sächsischen Albrechts-Ordens.