Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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daß der Abgeordnete Freiherr v. Varnbüler gestern eine Unterredung mit dem 
Reichskanzler hatte und demselben seine Vermittelung antrug, um die württem— 
bergische Regierung zu veranlassen, von ihrem Antrag auf Befreiung der Post- 
anweisungen von der Quittungssteuer bei erneuter Beratung des Gegenstandes 
abzusehen. Bei der Abstimmung über die Besteuerung von Postscheinen und 
Postanweisungen sind die Kleinstaaten durch die Argumente des Kommissars 
des Reichspostamts in ihrer Ansicht bestärkt worden, welche durch eine Gegen- 
rede des Finanzministers Bitter nicht widerlegt wurden. In parlamentarischen 
Kreisen wird behauptet, der Reichskanzler habe es dem Vorsitzenden des Bundes- 
rats verdacht, daß er den Kommissar des Reichs-Postamts in der Plenarsitzung 
des Bundesrats zum Worte verstattet habe, während bezüglich der Teilnahme 
des Kommissars an der Verhandlung eine Beschlußfassung des Bundesrats in 
aller Form erfolgt sein soll. Ferner wird behauptet, der Kommissar des Post- 
ressorts habe lediglich im Auftrage seines Chefs gesprochen, ein Umstand, 
welcher wiederum eine andere Angabe hinfällig macht, wonach gar ein Dis- 
ziplinarverfahren gegen jenen Kommissar beabsichtigt wäre." 
Ich lasse hier zum Schlusse noch folgen, was der Reichstagsabgeordnete 
v. Hölder über den Vorgang auf Grund seiner Besprechungen mit dem Minister 
v. Mittnacht und dem württembergischen Bevollmächtigten zum Bundesrat v. Schmid 
in seinem Tagebuch notirte: 
„Berlin, Donnerstag, 8. April 1880. 
Schon in Hof erfuhr ich auf der Reise von Stuttgart nach Berlin von 
Sonnemann, der auch im Zug war, daß Bismarck wegen einer Abstimmung 
im Bundesrat seine Entlassung eingereicht habe. Hier in der Stadt und im 
Reichstag spricht alles davon. Es werden alle möglichen Vermutungen auf- 
gestellt und Witze gemacht. Württemberg habe den Reichskanzler gestürzt; wer 
wird Reichskanzler: Obgleich die Preußen der Durchfall gegen die Kleinen 
genirt, erkennen sie doch meist an, daß es sich um eine Lappalie handelte, zu- 
dem um eine unpraktische, da die Quittungssteuer im Reichstag doch fallen 
wird; daß man den Bundesrat streichen könne, wenn in solchen Dingen seine 
Abstimmung nicht mehr frei wäre. Will Bismarck mit diesem Schritt der Ein- 
richtung des Bundesrats irgendwie auf den Leib?"“ 
Während der Reichstagssitzung erfuhr Hölder noch Näheres über den Vor- 
gang. v. Schmid, der württembergische Bevollmächtigte zum Bundesrat, handelte 
genau nach Instruktion, in der Form aber vielleicht zu schroff. Bayern war 
im Ausschuß gegen den Quittungsstempel, und der bayerische Minister v. Riedel 
sprach in der speziellen Frage mit Schmid dagegen. In der Zwischenzeit bis 
zur Plenarberatung verständigte sich Preußen mit Bayern auf einen Stempel 
für den fraglichen Fall im Betrage von zehn Pfennig. Wahrscheinlich sicherte 
Preußen Bayern dagegen die Beibehaltung seines bayerischen Stempels von 
gewissen Quittungen bei der bayerischen Staatsfinanzverwaltung zu.
	        
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