Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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Sachliche Gründe für die Ansicht von Württemberg: die Posteinnahmen 
könnten abnehmen, da der Stempel im Effekt nichts anderes als eine Erhöhung 
des Postportos wäre; doppelte Besteuerung des Postscheins und der nachherigen 
Quittung des Empfängers. Die Vertreter der kleinen Staaten seien zum Teil 
sehr beunruhigt über das, was sie anstellten. Der württembergische Gesandte 
Freiherr v. Spitzemberg sei zu Bismarck gerufen worden. Er habe sogleich 
erklärt, wenn es sich um eine Aenderung der württembergischen Abstimmung handle, 
sei nichts zu machen. Bismarck habe dies und weiter anerkannt, daß Württem— 
berg von seinem Standpunkte recht habe. Er sei nicht böse auf Württemberg. 
Es scheine, Bismarck wolle die Gelegenheit nur benutzen, um eine Aenderung 
in der Geschäftsordnung des Bundesrats durchzusetzen, die er längst anstrebe. 
Geärgert habe ihn, daß zwei Vertreter kleiner Staaten 16 Stimmen ge- 
führt hätten. Es werde sich um Unzulässigkeit von Substitutionen oder Be- 
schränkung derselben handeln, so daß etwa ein Anwesender nur eine weitere 
Stimme führen dürfte. Abwesende würden nicht gezählt. Bismarck wünsche, 
daß die Minister der Staaten selbst zu gegebenen Zeiten im Bundesrat er- 
scheinen; er äußere sich föderalistisch, d. h. seiner Behauptung nach. Hölders 
Gewährsmann hielt eine solche Einrichtung für gefährlich, da dann der persön- 
liche Einfluß zu groß würde, während Bevollmächtigte durch Berufung auf ihre 
Instruktion eine gesicherte Stellung hätten. 
Mit dem Kanzler selbst sei immer noch leichter (im mittelstaatlichen Sinn) 
zurecht zu kommen als mit den anderen Preußen in der Regierung. 
Der Beschluß wegen Besteuerung der Postanweisungen wurde, wie wir 
weiter unten sehen werden, bei einer zweiten Beratung des Bundesrats am 
12. April 1880 wieder aus der Welt geschafft. Schon bei dieser Gelegenheit 
wurde seitens des württembergischen Ministers v. Mittnacht auf die Notwendig- 
keit hingewiesen, solche Modifikationen der Geschäftsordnung des Bundesrats 
vorzunehmen, daß Vorgänge wie bei der Abstimmung vom 3. April sich nicht 
wiederholen könnten. Eigene Anträge hatte Mittnacht indessen nicht gestellt, 
man schien zu wünschen, vielleicht aber auch schon zu wissen, daß Preußen die 
Initiative in dieser Richtung ergreifen wollte. 
Ueber die zuletzt gedachte Phase (Sitzung vom 12. April) bemerkte der 
Minister v. Mittnacht zu dem Abgeordneten v. Hölder: Im Bundesrat habe 
weder zur Sache noch zur Formfrage irgend einer gesprochen. Da habe er, 
Mittnacht, das Wort ergriffen und geäußert, wenn durch die wiederholte Be- 
ratung und abweichende Beschlußfassung konstatirt sei, daß in der Geschäfts- 
ordnung ein Mangel bestehe, so solle man doch letztere in Erwägung ziehen. 
Daran habe er einige Andeutungen wegen etwaiger Verbesserungen geknüpft. 
Nach der Sitzung sei der Chef der Reichskanzlei, Geheimrat Tiedemann zu
	        
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