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Beteiligung in ausgedehnterem Maße zu ermöglichen. Nach der Ansicht des
Unterzeichneten kann das auf dem Wege geschehen, daß die Geschäfte, welche
dem Bundesrat obliegen, in zwei Klassen geteilt werden, von welchen die erste
die wichtigeren Aufgaben, namentlich alle gesetzgeberischen Arbeiten mit Einschluß
der der bundesrätlichen Genehmigung unterliegenden Verordnungen, zu umfassen
hätte, während der zweiten die minder wichtigen und die laufenden Verwaltungs-
geschäfte des Bundesrats anheimfallen würden. Bei einer solchen Einteilung
würde es möglich werden, die Geschäfte der ersten Klasse und namentlich die
definitive Entscheidung über dieselben auf zwei oder drei kurzbemessene Ab-
schnitte der Gesamtsession des Bundesrats einzuschränken. Dieselben würden
so zu bemessen sein, daß für sie die persönliche Beteiligung der leitenden, be-
ziehungsweise der Ressortminister jedes Bundesstaates zugesagt und geleistet
werden kann. Zu diesem Zweck würde es erforderlich werden, daß die Ent-
gegennahme von wichtigen Anträgen, wie Gesetzesvorlagen und ähnlichen, nicht
während der ganzen Sessionsperiode des Bundesrats, sondern nur bis zu be-
stimmten Terminen derselben zugelassen wird. Wenn beispielsweise der Beginn
der Reichstagssitzungen in der Regel auf Ende Januar in Aussicht genommen
würde, so könnte in eben diesen Monat bald nach Neujahr die Hauptperiode
der Ministerialsitzungen des Bundesrats gelegt werden. Es müßten dann alle
Vorlagen, welche in die Kategorie der erwähnten und näher zu präzisirenden
ersten Klasse gehören, und über die im Januar unter ministerieller Beteiligung
Beschluß gefaßt werden soll, bis zum Anfang des Dezembers im Entwurf fertig-
gestellt sein, so daß sie sowohl der Prüfung der einzelnen Regierungen als
auch der vorbereitenden Besprechung im Bundesrat und in dessen Ausschüssen
während des Dezembers unterzogen werden könnten. Später eingehende An-
träge legislativer Natur würden auf eine spätere Session zu verweisen sein.
Wenn durch eine solche Einrichtung die Möglichkeit, Gesetze jederzeit schnell zu
stande zu bringen, vermindert wird, so ist der Nachteil einer solchen Erschwerung
ein zweifelhafter, und sind die Gefahren zu großer Beschleunigung in der Her-
stellung von Gesetzen nicht geringer als die eines entgegengesetzten, an regel-
mäßige Fristen gebundenen Systems; jedenfalls werden wirklich eilige Bedürf-
nisse der Gesetzgebung durch Zulassung eines exzeptionellen Dringlichkeitsver-
fahrens auf Grund vorgängiger Moajoritätsbeschlüsse immer befriedigt werden
können.
Wenn demnächst in den Ministerialsitzungen des Monats Januar über die
dem Reichstag zu machenden Vorlagen und die sonstigen wichtigeren Anträge
beschlossen wäre, so würde sich voraussichtlich während der Reichstagssitzung
zwar die Nützlichkeit ministerieller Mitwirkung immer, die Notwendigkeit mini-
sterieller Bundesratssitzungen aber vielleicht nur noch einmal, höchstens bei
längerer Session zweimal, während der Reichstagssitzung für wenige Tage heraus-
stellen, vorausgesetzt, daß die Reichstagsbeschlüsse, in Bezug auf welche neue