Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

vereinigt, zu einem weiteren Zurückgehen verurteilt werde, weil ihre Lage der 
Stadt Hamburg gegenüber Veranlassung gibt, von der Freihafenstellung der 
letzteren und deren Freihandelsinteressen absorbirt zu werden. 
Es wird beantragt, daß der Bundesrat dahin Beschluß fassen wolle, 
daß, vorbehaltlich der näheren Modalitäten der Ausführung, die Stadt 
Altona und der im vorstehenden näher bezeichnete Teil der hamburgischen 
Vorstadt St. Pauli in das Zollgebiet einzuschließen seien. 
v. Bismarck.“!1) 
Haltung des Vertreters Hamburgs im Bundesrat. Dr. Kirchen- 
pauer wurde durch diesen Antrag Bismarcks völlig überrascht.:) Ein Zeitgenosse, 
welcher Kirchenpauers damaliges Verhalten in Berlin zu beobachten Gelegenheit 
hatte, bezeugt: 
„Bei aller Tadellosigkeit entgegenkommenden und freundlichen kollegialen 
Auftretens hat Kirchenpauer unbedingt und unnachsichtlich daran festgehalten, 
daß ihm in jeder Beziehung, selbst in geringfügigen Etiketterücksichten, durchaus. 
als einem Gleichberechtigten, als dem Vertreter eines souveränen Bundesstaates 
begegnet werde — sei es auch seitens des allmächtigen Repräsentanten der 
Großmacht Preußen. Von dieser Seite mußte es daher sehr wohl vorausgesehen 
werden, welche Wirkung es auf Kirchenpauer und seine Stellung ausüben 
werde, wenn am 19. April 1880 — ohne daß darüber auch nur im mindesten 
ein Benehmen mit dem Vertreter Hamburgs vorangegangen wäre — der 
preußische, in das hamburgische Leben aufs tiefste einschneidende Antrag wegen 
Einverleibung Altonas und eines Teiles der Vorstadt St. Pauli in das Zoll- 
gebiet in der denkbar schroffsten (7) und beleidigendsten (7) Weise, als völlige 
Ueberraschung, eingebracht wurde, so daß Kirchenpauer, in Berlin anlangend, 
davon erst aus den Drucksachen des Bundesrats Kenntnis erhielt. Es war 
sicherlich vorausgesehen, ja darauf abgesehen gewesen, daß bei seinem Charakter 
Kirchenpauer es mit der Würde seiner Stellung durchaus unvereinbar halten 
werde, solche und ähnliche, gegen alle geschäftliche Gepflogenheit verstoßende 
Behandlung hinzunehmen. In richtiger Veranschlagung war die kühle Vor- 
nehmheit“ des Mannes in Rechnung gestellt worden.“ 
Dieser Darstellungsweise muß entschieden entgegengetreten werden. 
Daß Bismarck mit seinem beim Bundesrat gestellten Antrag es auf die 
Entfernung Kirchenpauers aus dem Bundesrat abgesehen habe, ist ganz aus der 
Luft gegriffen. Bismarck verschmähte es allerdings, noch einmal mit Hamburg 
zu verhandeln, nachdem dieses seine Anfrage vom Mai 1879 ausweichend 
1) Eine wenig freundliche Kritik des ersten Bismarckschen Vorstoßes findet sich in der 
„Nat.-Ztg.“ Nr. 190 v. 5. 5. 80. 
2) Samson behauptet in der Bd. I. S. 116 Note " erwähnten Schrift über Kirchen- 
pauer,'es sei hierdurch Kirchenpauers Rücktritt vom Bundesrat erzwungen worden.
	        
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