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Demgegenüber vertrat der hamburgische Senator Dr. Versmann sest und
unerschrocken den Standpunkt seines Heimatslandes, wie er in dem bekannten
hamburgischen Gegenantrag enthalten ist, mit anderen Worten: er hielt daran
fest, daß vorher die verfassungsrechtliche Frage zur Entscheidung gestellt
werde.
Im weiteren Verlaufe der Beratung bemerkte Bismarck, das Referat in
der Sache, welches bisher in den Händen des bayerischen Ober-Zollrats Schmidt—
konz gelegen hatte, werde einem anderen Bevollmächtigten anzuvertrauen sein.
Dieser Wechsel im Referat sei die notwendige Konsequenz der Haltung des
bayerischen Gesandten v. Rudhart in der letzten Bundesratssitzung. Denn da
derselbe persönlich für die Verweisung der Sache an den Verfassungsausschuß
war — das von Bismarck als unzulässig erklärte Verfahren —, so sei es
klar, daß in der Referatsverteilung Remedur geschaffen werden müsse. Hier-
gegen wurde von dem obenerwähnten Ober-Zollrat Schmidtkonz lebhaft protestirt,
und es sekundirte demselben kräftig der bayerische Regierungsrat Herrmann,
welcher von dem Gesandten v. Rudhart gebeten war, ihn in der Bundesrats-
sitzung zu vertreten. Regierungsrat Herrmann bewies bei dieser Gelegenheit
Geschick und Mut.
„Ich muß“ — so bemerkte er auf die Ausführungen des Fürsten Bismarck
— „bestreiten, daß die bayerische Instruktion die von dem Herrn Reichskanzler
beantragte Aenderung in dem Referat notwendig macht.“
Und noch ein zweites Mal das Wort nehmend sprach er es mit dürren
Worten aus, daß der Kanzler bei Stellung des bezüglichen Antrages von einer
nicht zutreffenden Voraussetzung ausgehe.
Diese Erklärung verfehlte ihre Wirkung nicht, und man einigte sich darin,
das Referat Bayern nicht zu entziehen, vielmehr nur den braunschweigischen
Minister-Residenten v. Liebe zum Korreferenten zu bestellen.
Als Bismarck schließlich zur Abstimmung schritt, waren alle Stimmen im
Ausschuß — mit Ausnahme der des Senators Versmann — dafür, es solle
dem Bundesrat über die technische Seite der Anträge Preußens und Hamburgs
Bericht erstattet werden, ohne die verfassungsmäßige Frage zur Ent-
scheidung zu stellen. Darauf nahm Fürst Bismarck noch einmal das.
Wort und stellte dem Senator Versmann vor, daß er bei dieser Fassung sich
beruhigen könne, da ja den Rechten Hamburgs durch einen derartigen Beschluß
nicht präjudizirt werde. Hamburg möge doch abwarten, inwieweit ihm in
Bezug auf die technische Ausführung der Sache Zugeständnisse gemacht würden.
Hierauf erklärte Versmann, er wolle der Ueberweisung der Angelegenheit an
die vereinigten Zoll= und Handelsausschüsse seinerseits auch beitreten, aber
natürlich nur unter Wahrung aller Hamburg verfassungsmäßig zustehenden Rechte.
„Nun, so wären wir ja alle einig,“ bemerkte Bismarck, sich erhebend
und die Sitzung schließend.