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Der Bevollmächtigte für Hamburg erklärte, von seiner Regierung beauftragt
zu sein, schon jetzt hervorzuheben, daß dieselbe gegen den vorgelegten Antrag
Preußens Bedenken mannigfacher Art geltend zu machen habe und deshalb
mit Bezug auf die geschäftliche Behandlung der Vorlage davon ausgehe, daß die
erforderliche Frist zur eingehenden Begründung dieser Bedenken und zur Beschaf-
fung des dazu erforderlichen Materials werde gewährt werden. Er beantrage
deshalb prinzipaliter, die Vorlage an die zuständigen Ausschüsse zur Bericht-
erstattung zu überweisen, für den Fall der Ablehnung dieses Antrags aber die Be-
ratung im Plenum nicht eher als nach Ablauf von vier Wochen eintreten zu lassen.
Bei der Abstimmung wurde der Prinzipalantrag gegen die Stimmen
Bayerns und der Hansestädte und der Eventualantrag gegen die Stimmen
der Hansestädte abgelehnt.
Der Vorschlag des Vorsitzenden war hiernach angenommen.
Die Berichterstattung übernahmen der Ober-Zollrat Schmidtkonz und der
Wirkliche Geheime Rat v. Liebe.
Seinen ablehnenden Standpunkt legte der Hamburger Senat in einer von
dem Bevollmächtigten zum Bundesrat Versmann gezeichneten Denkschrift nieder, 1)
welche in drei Abschnitte zerfiel, behandelnd die Rechtsfragen, die beteiligten
Interessen und die technischen Fragen. Der Senat wies darauf hin, daß von
dem Ausfluß der Unterelbe in die See das südliche Ufer hamburgisches Gebiet
sei, und daß von der alten Zollgrenze oberhalb Hamburg ab bis Altona beide
Ufer, von Altona ab aber auch das südliche Ufer auf einer langen Strecke
zum hamburgischen Gebiet gehöre. „Das letztere erstreckt sich noch etwa eine Meile
weit Altona und dem holsteinischen Ufer gegenüber elbabwärts. Der Köhlbrand
wird bei seinem Ausfluß in die Elbe auf einer Strecke von etwa einer Viertelmeile
zu beiden Seiten von hamburgischem Gebiet begrenzt. Die Zolllinie bei Altona würde
mit der Elbe auch einige hamburgische, von 2500 Personen bewohnte Elbinseln,
welche gegenwärtig einen Teil des Freihafengebietes bilden, dem Zollgebiet ein-
verleiben.“ Was die beteiligten Interessen des Schiffahrtsverkehrs auf der Unterelbe
anbetrifft, so kommt der Senat zu der Ueberzeugung, daß in Bezug auf die große See-
schiffahrt jede über das Aufziehen einer besonderen Zollflagge bei Tage beziehungs-
weise das Zeigen einer Zolllaterne bei Nacht hinausgehende Kontrollmaßregel
als eine schwere Beeinträchtigung der althergebrachten, von Hamburg in Jahr-
hunderte langem Bemühen unter Opfern aller Art verteidigten und vor kaum
20 Jahren mit der Ablösung des Stader Zolles endlich vollständig errungenen
1) Für die übrigens die offizielle Bezeichnung gewählt war: „Bemerkungen Hamburgs
zum Antrage Preußens“ u. s. w. Zur Beleuchtung der Schwierigkeiten, welche den nach
Art. 33 der Verfassung zum freien Verkehr untereinander berechtigten Bewohnern der Unter-
elbe aus dem damaligen Zustande erwuchsen, lieferte eine an den Bundesrat gerichtete Be-
schwerde des Gemeindevorstandes zu Assel einen drastischen Beitrag. Das Nähere s. in der
„Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 226 v. 18. 5. 80.