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Freiheit des Elbstroms betrachtet werden und sich zu einer neuen Quelle von
nicht zu übersehenden Kosten und Schäden gestalten würde.
Die angedeutete Kontrollmaßregel würde übrigens in Berücksichtigung der
gegen die Befürchtung eines Schmuggels seitens der großen Seeschiffe angeführten
Gründe (zu denen unter anderem noch der weitere Umstand hinzutritt, daß ein
Oeffnen der Luken vor Erreichung des Bestimmungshafens, abgesehen von
Havariefällen, völlig ausgeschlossen ist), eventuell als durchaus genügend anzu-
erkennen sein, da die etwa erforderliche Kontrolle von den an den Elbufern
stationirten Aufsichtskräften, sowie von den ohne Zweifel erforderlichen Zollkuttern
ausreichend würde beschafft werden können.“
Die Schwierigkeiten der Zollüberwachung sah übrigens Hamburg als viel
größer an, als der preußische Antrag dies that. Wie man in Hamburg über
das Vorgehen des Bundesrats in dieser Angelegenheit urteilte, ergab folgende
Auslassung des als gemäßigt konservativ zu bezeichnenden „Hamburger Korre-
spondenten“:
„Nachdem es der Bundesrat einmal mit seiner Stellung vereinbar gefunden,
die vitalsten Interessen eines Bundesstaates bedingungslos preiszugeben und die
Frage, ob es sich dabei nicht etwa um eine Verletzung bestehender Rechte handle,
unerörtert beiseite zu lassen, ist in der vorliegenden Angelegenheit von dieser
Körperschaft überhaupt nichts mehr zu erwarten. Nicht nur in Hamburg
sondern im gesamten Vaterlande, ja im gesamten Europa wird man den Eindruck
haben, daß der berufene Wächter über die Rechte der deutschen Einzelstaaten
und über die Handhabung des deutschen Bundes= und Verfassungsrechts nicht
nur nicht auf dem Platze gewesen ist, sondern daß derselbe sozusagen abgedankt
hat. Weder das entgegenstehende Votum des Reichstags noch die Einstimmigkeit,
mit welcher die öffentliche Meinung verlangt hat, daß vor Fassung des bezüg-
lichen Beschlusses eine sachliche und rechtliche Prüfung der Verhältnisse der
Unterelbe vorgenommen werde, hat den Bundesrat bestimmen können, seiner
Entschließung auch nur den Schein einer unabhängigen, wirklich sachlichen
Prüfung des preußischen Antrages und der entgegenstehenden hamburgischen
Argumente zu wahren!“
So harte Worte hatte der Bundesrat bisher noch niemals zu hören be-
kommen.
In der am 8 Juni 1880 unter dem Vorsitze des Fürsten Bismarck ab-
gehaltenen Plenarsitzung des Bundesrats gelangte der Antrag Preußens wegen
Einverleibung der unteren Elbe in das Zollgebiet zur ersten Beratung. Als
Berichterstatter fungirten der Königlich bayerische Bevollmächtigte Ober-Zollrat
Schmidtkonz und der Herzoglich braunschweigische Ministerresident Wirkliche
Geheime Rat v. Liebe. 1) «
1) § 422 der Protokolle von 1880 in der S. 24 Note 2 citirten Quelle.