Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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selben im Reichstag erschien, war ein zwiefacher. Nach der Seite des Parla— 
ments repräsentirte er die entscheidende Stelle in der verantwortlichen Leitung 
der Reichsgeschäfte. Nach der Seite des Reichskanzlers mußte es ihm nützen, 
daß er jederzeit in der Lage war, über den Stand der Geschäfte im Reichstage 
am besten informirt zu sein. Immer präsent, war er stets bereit, in die 
Debatte einzugreifen und privatim die beste Auskunft zu geben, oder Wünsche, 
die an das Ohr des Kanzlers getragen werden sollten, entgegenzunehmen. 
Zieht man noch in Betracht, daß er sich immer mehr herausredete und ins- 
besondere auch ganz erhebliche Fortschritte machte in der für einen Sprechminister 
wichtigen Kunst, sich durch nichts verblüffen zu lassen, was ihm bei dem Ver- 
trauen, das ihm der Kanzler schenkte, und bei dem Humor, den er sich zu 
bewahren in der Lage war, verhältnismäßig leicht fiel, so wird man zugeben, 
daß seine Stellung, zumal er den Reichskanzler auch im Bundesrat immer 
mehr vertreten mußte, zu einer der einflußreichsten im Reiche sich entwickelte."“ 
Boetticher ergriff das Wort im Reichstag: in der vierten Session der 
vierten Legislaturperiode (1881) 46 mal, in der ersten Session der fünften 
Legislaturperiode (1881/82) 49 mal, in der zweiten Session der fünften Legis- 
laturperiode (1882/83) 34 mal, in der dritten Session der fünften außerordent- 
lichen Legislaturperiode (1883) 9#mal, in der vierten Session der fünften 
Legislaturperiode (1884) 43 mal, in der ersten Session der sechsten Legislatur- 
periode 53 mal, in der zweiten Session der sechsten Legislaturperiode (1885/86) 
76 mal, in der dritten außerordentlichen Session der sechsten Legislaturperiode 
(September 1886) 4 mal, in der vierten Session der sechsten Legislaturperiode 
(1886/87) 13 mal, in der ersten Session der siebenten Legislaturperiode (1887) 
44 mal, in der zweiten Session der siebenten Legislaturperiode (1887/88) 
36 mal, in der dritten Session der siebenten Legislaturperiode (25/26. Juni 1888) 
einmal, in der vierten Session der siebenten Legislaturperiode (1888/89) 89 mal, 
in der fünften Session der siebenten Legislaturperiode (1889/90) 36 mal. 
Boettichers Reden wurden von der rechten Seite fast regelmäßig, und 
häufig auch im Zentrum mit Beifall begrüßt; die linke Seite vermochte er nicht 
stets zu befriedigen, so zum Beispiel nicht bei seinem Angriffe gegen die Privat- 
versicherungsgesellschaften (18. Juni 1884); an vielen Stellen verzeichnet der 
stenographische Bericht „Große Heiterkeit". Wer da weiß, was im Reichstag 
ein guter Witz wert ist, wird seine parlamentarische Wirksamkeit deshalb nicht 
geringer anschlagen. 
Boetticher hatte als geschickter Realpolitiker im Reichstag vor allem das 
Bestreben, seine Vorlagen durchzubringen. Kam eine ihm ungelegene Inter- 
pellation oder Anfrage, so wußte er immer eine Redewendung zu finden, die
	        
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