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seiner Reise zu der Suezkanaleröffnung mit ihm machte. Der Prinz hielt sich
damals in Konstantinopel einige Zeit auf, und Busch diente dem wissensdurstigen
hohen Herrn als ständiger Begleiter auf seinen Ausflügen. Der Kronprinz hat
dabei Gelegenheit gehabt, die wahre Bedeutung eines politischen Gesandtschafts—
dragomans zu erkennen, und sich in seinem an seinen Kaiserlichen Vater gerichteten
Reisebericht sehr anerkennend über Busch ausgesprochen. Bald darauf wurde
Busch nach Jerusalem gesandt, um an Ort und Stelle die weiteren Verhand-
lungen über die Abgrenzung und Uebergabe der Grundstücke zu führen, die der
Sultan an Preußen überlassen hatte. Die geschickte Behandlung dieser An-
gelegenheit, die dem Kronprinzen sehr am Herzen lag, hat viel dazu beigetragen,
Dr. Busch in den maßgebenden Berliner Kreisen bekannter zu machen. Er
trat damit zuerst aus der verschwiegenen Thätigkeit eines in weiteren Kreisen
eigentlich nur als Hilfsbeamter betrachteten Mitarbeiters heraus, und so wurde
die Aufmerksamkeit seiner Berliner Vorgesetzten und ohne Zweifel des Fürsten.
Bismarck selbst auf ihn gelenkt.
Im Anschluß an diese Vorgänge wurde Dr. Busch im Jahre 1872 nach
Petersburg, wo sich damals Fürst Gortschakoff nach langjährigem „Sammeln“
bereits neugestärkt fühlte, versetzt und zum Konsul daselbst ernannt, wenn auch
äußerlich ohne politischen Zweck, so doch nicht ohne das Bestreben deutscherseits,
einem seiner befähigten diplomatischen Jünger während eines zweijährigen
Konsulats Gelegenheit zu bieten, seine praktischen Kenntnisse orientalischer Ver-
hältnisse mit denen der russischen zu bereichern. Wer im Leben etwas erreichen
will, braucht immer Umstände und Situationen, in deren geschickter Benutzung
sich eben das Talent, das Genie zu bewähren hat; ohne Wind kommt der
beste Segler nicht von der Stelle. Für Busch war es ein Glück, daß er gerade
zu der Zeit als der beste Kenner der orientalischen Verhältnisse galt, als die
Orientfrage die Politik zu beherrschen begann. Hätte an der Spitze des Aus-
wärtigen Amts damals ein Mann gestanden, der den Orient durch seine poli-
tische Carrière persönlich kannte, so würde Busch vielleicht seine Laufbahn als
Generalkonsul beschlossen haben; so aber traf es sich, daß Bismarck, der niemals
einen Hehl daraus gemacht hat, daß ihm die orientalischen Verhältnisse ein geringes.
Interesse gewährten und seiner Bethätigung fern gestanden hatten, eine Kraft
brauchte, welche, ausgestattet mit einer reichen Fülle von sachlichen und per-
sönlichen Erfahrungen auf dem orientalischen Boden, diese Lücke in seinen
Informationen auszufüllen im stande war, und diese Kraft war Busch.
Ueber die elfjährige Thätigkeit des Dr. Busch im Auswärtigen Amt kann
hier natürlich nur ganz skizzenhaft berichtet werden.
a) Vortragender Rat, 1874 bis Januar 1877. Busch bearbeitet in der
politischen Abteilung das sogenannte orientalische Dezernat. Dasselbe wurde
damals, da die direkten Beziehungen Deutschlands zu allen europäischen Staaten
fast überall normal entwickelt waren, der Orient dagegen fast allenthalben.
Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundesrat. 1V. 21