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Es kann die Aufgabe des bayerischen Gesandten nicht sein, alle im
Bundesrat zur Verhandlung kommenden technischen Fragen über Militär-,
Zoll-, Steuer= und Justizwesen zu beherrschen oder gar zu erledigen. Dafür
steht ihm eben sein aus den tüchtigsten bayerischen Verwaltungsbeamten ge-
bildeter fachmännischer Generalstab zur Seite.
Im Parlamente tritt er allerdings selten hervor, er ist kein Debatter.
Wenn er aber im Reichstag Erklärungen abzugeben hat, so zeichnen sich die-
selben durch Rundung und Klarheit aus.
Als seine Domäne betrachtet der Gesandte den Verkehr mit dem Aus-
wärtigen Amte, und er fördert damit die politische Seite seiner umfassenden
Aufgabe: das gute Verhältnis zwischen Bayern und dem Reiche.
3. Baden.
Präsident des Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unter-
richts Dr. Nokkl)
(geboren 30. November 1832)
gehört dem Bundesrat seit dem Jahre 1881 an. Da die große Justizgesetz-
gebung des Jahres 1879 zu dieser Zeit schon ihren Abschluß gefunden hatte,
Kultus und Unterricht aber wesentlich Landessache sind, hat Dr. Nokk zu einer
größeren Wirksamkeit in Berlin keine Gelegenheit gefunden; dieselbe wurde im
wesentlichen von dem Finanzminister Dr. Ellstätter und dem Präsidenten des
Staateministeriums Dr. Turban entwickelt. Bei voller Wahrung der badischen
Landesinteressen hat Dr. Nokk bei seiner Mitarbeit im Bundesrat den deutschen
Gesichtspunkt aber stets hochgehalten und den Fürsten Bismarck bei seinem
großen vaterländischen Schaffen treu unterstützt.
4. Hessen.
Ministerialrat im Staatsministerium v. Werner?)
(geboren 18. August 1833)
wurde am 12. Februar 1881 wegen längerer Beurlaubung des Großherzoglich
hessischen stimmführenden Bevollmächtigten zum Bundesrat zum stellvertretenden
1) Dr. Wilhelm Nokk studirte die Rechtswissenschaften in Freiburg, Bonn und Heidel-
berg, trat sodann in den badischen Staatsdienst und wurde 1862 zum Sekretär bei dem
neu errichteten badischen Schulrat, 1864 zum Oberschulratsassessor ernannt. 1865 in das
Ministerium des Innern berufen, wurde er 1867 Ministerialrat und 1874 Direktor des
Oberschulrats. Seit 1881 Präsident des Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unter-
richts, wurde er 1893 Nachfolger Turbans als Staatsminister und Präsident des Staats-
ministeriums.
2) Karl v. Werner, geboren zu Darmstadt, Studium der Rechtswissenschaften in
Heidelberg und Gießen 1852—55, dann einjähriger Aufenthalt in der Schweiz und Frank-