Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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die Gefängnisstrafe beginnen mit Einzelhaft. Zuchthaussträflinge, welche sechs 
Monate, und Gefängnissträflinge, welche drei Monate in Einzelhaft zugebracht 
haben, können auf Anordnung des Vorstandes in Gemeinschafthaft versetzt werden, 
wenn ihr Zusammensein mit anderen nach ihrem Betragen und ihren Eigen— 
schaften für unnachteilig erachtet wird. Eine solche Anordnung ist jederzeit 
widerruflich. Die Zustimmung des Sträflings zur Verlängerung der Einzelhaft 
über die Dauer von 3 Jahren hinaus kann nach Ablauf eines jeden ferneren 
Jahres widerrufen werden. Sträflinge, welche das 18. Lebensjahr nicht vollendet 
haben, können bis zur Dauer von drei Monaten in Einzelhaft gehalten werden. 
Zu einer längeren Anwendung der Einzelhaft bedarf es der Genehmigung der 
Aufsichtsbehörde. Sträflinge, welche sich im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte 
befinden, können bei Gemeinschaftshaft die Absonderung von solchen Gefangenen, 
welche die Rechte nicht besitzen, verlangen. Einzelhaft ist ausgeschlossen, wenn 
Gefahr für den geistigen oder körperlichen Zustand zu befürchten steht. Jeder 
Sträfling in Einzelhaft ist täglich mindestens viermal zu besuchen. Hierbei sind 
Besuche von Personen, welchen der Zutritt bewilligt worden ist, mitzuzählen. 
An Disziplinarstrafen gegen Sträflinge sind folgende zulässig: 1. Verweis, 
2. Entziehung gesetzlicher oder hausordnungsmäßiger Vergünstigungen bis zur 
Dauer von drei Monaten, 3. bei Einzelhaft Entziehung der Arbeit bis zur 
Dauer einer Woche, 4. Entziehung der Lektüre bis zur Dauer von 3 Monaten, 
5. Entziehung der Arbeitsbelohnung der letzten 3 Monate, 6. Entziehung des 
Bettlagers bis zur Dauer einer Woche, 7. Schmälerung der Kost bis zur Dauer 
einer Woche, 8. einsame Einsperrung bis zur Dauer von 4 Wochen. Diese 
Strafe kann durch Entziehung der Arbeit und so weiter verschärft werden. 
9. Fesselung bis zur Dauer von 4 Wochen. 10. Körperliche Züchtigung jedoch 
nur gegen männliche Zuchthaussträflinge, welche sich nicht im Besitz der bürger- 
lichen Ehrenrechte befinden. Die vorstehenden Strafen können teils kombinirt 
zur Anwendung gelangen, teils findet ihre Anwendung, zum Beispiel gegen 
Festungssträflinge, eine Einschränkung. Gegen Sträflinge, die das achtzehnte 
Lebensjahr nicht vollendet haben, sind auch die in der Schule anwendbaren 
Züchtigungsmittel zulässig. Zwangsstuhl und Zwangsfjacke dürfen nur zur 
augenblicklichen Bewältigung thätlicher Widersetzlichen, sowie gegen Tobende an- 
gewendet werden. 
Dem Entwurf war außer den Motiven eine Uebersicht der Organisation 
der Strafvollzugsbehörden in den deutschen Staaten und in den für das 
Gefängniswesen wichtigen außerdeutschen Staaten beigegeben. 
Die Vorlage wurde dem Justizausschuß überwiesen und kam erst in der 
folgenden Session des Bundesrats zur Erledigung. 
Besetzung des Reichsgerichts. Der Bundesrat war vom Reichs- 
kanzler aufgefordert worden, sich mit der Besetzung des Reichsgerichts zu be-
	        
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