Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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Lothringen hat sich Fabricius um die Einrichtung der Verwaltung der 
Zölle und indirekten Steuern besondere Verdienste erworben. Die Beseitigung 
der komplizirten und lästigen Besteuerung des Weines und des Branntweins 
nach den französischen Gesetzen, welche den deutschen Anschauungen und den 
deutschen Lebens= und Verkehrsverhältnissen in keiner Weise entsprach, ist sein 
Werk, ebenso der Ersatz durch die gegenwärtige, so einfache und gerechte Art 
der Besteuerung des Weines und durch den Anschluß an die norddeutsche 
Branntweinsteuergemeinschaft. 
Aus Aufzeichnungen des Generaldirektors Fabricius über seine Berufung 
zum Reichsschatzsekretär: 
„Am 9. Mai 1878 fragte im Auftrage des Finanzministers Hobrecht der 
Generalsteuerdirektor Hasselbach bei mir an, ob ich geneigt sei, die Stelle des 
Unterstaatssekretärs im Reichsschatzamt zu übernehmen. Ich lehnte zunächst ab. 1) 
Bei meiner Anwesenheit in Berlin aus Anlaß der Tabakenquêöte wurden die 
Verhandlungen fortgesetzt. Gelegentlich einer Besprechung, welche Hobrecht am 
10. Juli 1878 mit dem Reichskanzler hatte, 2) sagte dieser, daß ich ihm per- 
sönlich genehm sei, er habe jedoch augenblicklich keine Zeit, sich näher mit der 
Frage meiner Berufung zu beschäftigen, da die Sitzung des Kongresses (nach 
dem russisch-türkischen Kriege) sogleich beginnen sollte. Die Angelegenheit könne 
einstweilen ruhen, da ich zunächst mit der Tabakenquêète genug zu thun hätte. 
Die Verzögerung der Entscheidung kam mir sehr erwünscht. Es war mir klar 
geworden, daß Hobrecht sich im Irrtum befand, wenn er annahm, er solle neben 
dem preußischen Finanzministerium auch das Reichsfinanzwesen leiten; Bismarck 
war nicht gesonnen, diese Leitung aus der Hand zu geben. Er sagte einmal 
zu mir mitten in einem Gespräch über andere Dinge: Vergeben Sie dem 
Reichsfinanzminister nichts!“ Das war deutlich genug. Ich schlug 
deshalb Hobrecht vor, die Beendigung der Tabakenquêbte abzuwarten. Der- 
selbe schrieb hierauf Ende Oktober 1878 an den Reichskanzler, daß er mich 
noch immer für die Stelle (des Reichsschatzsekretärs) empfehle. Bis Anfang 
Dezember würde ich meine formulirten Propositionen, namentlich über die Tabak- 
steuer, vorlegen und der Entschluß beiderseits mit größerer Klarheit über die 
Ziele gefaßt werden können. Inzwischen hatte der Reichskanzler, ohne Hobrecht 
zu fragen, die Einleitung zu einer Revision des Zolltarifs getroffen. Nach 
dem Antrag des Präsidenten des Reichskanzler-Amts Hofmann sollte der Vorsitz 
1) Der Finanzminister Hobrecht hatte sich bei der Uebernahme des Portefeuilles aus- 
bedungen, bei Vergebung der Schatzsekretärstelle mitzusprechen, und zwar mit guten Grunde, 
denn Reichsschatzsekretär und preußischer Finanzminister müssen Hand in Hand gehen, soll 
hüben und drüben eine fruchtbare Thätigkeit entfaltet werden. 
2) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.
	        
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