— 335 —
Lothringen hat sich Fabricius um die Einrichtung der Verwaltung der
Zölle und indirekten Steuern besondere Verdienste erworben. Die Beseitigung
der komplizirten und lästigen Besteuerung des Weines und des Branntweins
nach den französischen Gesetzen, welche den deutschen Anschauungen und den
deutschen Lebens= und Verkehrsverhältnissen in keiner Weise entsprach, ist sein
Werk, ebenso der Ersatz durch die gegenwärtige, so einfache und gerechte Art
der Besteuerung des Weines und durch den Anschluß an die norddeutsche
Branntweinsteuergemeinschaft.
Aus Aufzeichnungen des Generaldirektors Fabricius über seine Berufung
zum Reichsschatzsekretär:
„Am 9. Mai 1878 fragte im Auftrage des Finanzministers Hobrecht der
Generalsteuerdirektor Hasselbach bei mir an, ob ich geneigt sei, die Stelle des
Unterstaatssekretärs im Reichsschatzamt zu übernehmen. Ich lehnte zunächst ab. 1)
Bei meiner Anwesenheit in Berlin aus Anlaß der Tabakenquêöte wurden die
Verhandlungen fortgesetzt. Gelegentlich einer Besprechung, welche Hobrecht am
10. Juli 1878 mit dem Reichskanzler hatte, 2) sagte dieser, daß ich ihm per-
sönlich genehm sei, er habe jedoch augenblicklich keine Zeit, sich näher mit der
Frage meiner Berufung zu beschäftigen, da die Sitzung des Kongresses (nach
dem russisch-türkischen Kriege) sogleich beginnen sollte. Die Angelegenheit könne
einstweilen ruhen, da ich zunächst mit der Tabakenquêète genug zu thun hätte.
Die Verzögerung der Entscheidung kam mir sehr erwünscht. Es war mir klar
geworden, daß Hobrecht sich im Irrtum befand, wenn er annahm, er solle neben
dem preußischen Finanzministerium auch das Reichsfinanzwesen leiten; Bismarck
war nicht gesonnen, diese Leitung aus der Hand zu geben. Er sagte einmal
zu mir mitten in einem Gespräch über andere Dinge: Vergeben Sie dem
Reichsfinanzminister nichts!“ Das war deutlich genug. Ich schlug
deshalb Hobrecht vor, die Beendigung der Tabakenquêbte abzuwarten. Der-
selbe schrieb hierauf Ende Oktober 1878 an den Reichskanzler, daß er mich
noch immer für die Stelle (des Reichsschatzsekretärs) empfehle. Bis Anfang
Dezember würde ich meine formulirten Propositionen, namentlich über die Tabak-
steuer, vorlegen und der Entschluß beiderseits mit größerer Klarheit über die
Ziele gefaßt werden können. Inzwischen hatte der Reichskanzler, ohne Hobrecht
zu fragen, die Einleitung zu einer Revision des Zolltarifs getroffen. Nach
dem Antrag des Präsidenten des Reichskanzler-Amts Hofmann sollte der Vorsitz
1) Der Finanzminister Hobrecht hatte sich bei der Uebernahme des Portefeuilles aus-
bedungen, bei Vergebung der Schatzsekretärstelle mitzusprechen, und zwar mit guten Grunde,
denn Reichsschatzsekretär und preußischer Finanzminister müssen Hand in Hand gehen, soll
hüben und drüben eine fruchtbare Thätigkeit entfaltet werden.
2) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.