IV. Abschnitt.
Aus der Werkstatt des Bundesrats.
1. Reichsgesetzgebung (Art. 4 und 5 der Verfassung).
Regelung der Heimatscheine. Am 23. Oktober 1880 legte Bismarck
aus Friedrichsruh dem Bundesrat den Entwurf eines Heimatscheins zur Beschluß-
fassung vor. In dem den Entwurf begleitenden Schreiben des Reichskanzlers
wurde auf Grund mehrfach von der Schweiz geltend gemachter Bedenken, daß
deutschen Staatsangehörigen, welche dort sich niederlassen wollten, als Ausweis
über ihre Staatsangehörigkeit Heimatscheine mit einer auf eine bestimmte Reihe
von Jahren beschränkten Giltigkeit ausgestellt wurden, eine Aenderung des
Heimatschein-Formulars als notwendig hingestellt. Es wurde empfohlen, in
Zukunft Heimatscheine auf unbestimmte Zeit nicht mehr zu erteilen und zugleich
bei Bemessung der Zeitdauer der Heimatscheine nach einheitlichen Grundsätzen
zu verfahren; jedoch erscheine es ratsam, in die Scheine den Zusatz aufzu-
nehmen, daß durch die Fristbestimmung die Verträge nicht berührt werden,
welche deutscherseits wegen Uebernahme von Angehörigen oder vormaligen
Angehörigen des Deutschen Reichs mit anderen Staaten abgeschlossen worden sind.
In der Sitzung des Bundesrats vom 16. Dezember 1880 wurde das
auf Grund der Vorberatung seitens des VI. Ausschusses vorgelegte Formular
zu Heimatscheinen genehmigt.
Abänderung der Gewerbeordnung. a) Novelle über das
Innungswesen. Am 26. Januar 1881 1) legte Bismarck dem Bundesrat im
Auftrag des Kaisers den Entwurf einer Abänderung der Gewerbeordnung und
zwar der §§ 97—104 über das Innungswesen vor. Als Aufgabe der neuen
Innung war bezeichnet: Pflege des Gemeingeistes, Stärkung der Standesehre,
Förderung eines gedeihlichen Verhältnisses zwischen Meister und Gesellen, Regelung
des Lehrlingswesens, Entscheidungen von Streitigkeiten.)
1) Kohl setzt hier in seinen Bismarck-Regesten das falsche Datum: 28. Januar 1881.
2) Das Nähere über die Bundesratsvorlage, welche noch im Volkswirtschaftsrat
durchberaten worden war, findet man in der „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 48 v. 29. 1. 81,
Nr. 50 v. 31. 1. 81, Nr. 83 v. 19. 2. 81.