Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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nur Verletzungen vorliegen, ist nach Ablauf von vier Wochen die Entschädigung 
für die ganz oder teilweise Erwerbsunfähigen festzusetzen. Für die dann noch 
in der Behandlung Befindlichen handelt es sich nur um Entschädigungsfeststellung 
bis zur Beendigung des Heilverfahrens. Entschädigungsansprüche, die nicht 
amtlich festgestellt sind, müssen vor Ablauf eines Jahres nach dem Unfall bei 
der betreffenden Verwaltungsstelle der Reichsversicherungsanstalt gemeldet werden. 
Die von der Reichsversicherungsanstalt vorgenommene Feststellung kann im Wege 
des ordentlichen Prozesses angefochten werden. Drei Monate nach dem Fest- 
stellungsbescheide aber tritt Verjährung ein. Nach Feststellung der Entschädigung 
erhält der Berechtigte eine Bescheinigung, die ihn zum Empfange der Beträge 
unter Angabe der Hebestelle und Zahlungstermine legitimirt. Die Entschädigung 
für Erwerbsunfähigkeit kann unter Umständen kapitalisirt werden, womit dann 
jeder weitere Anspruch erlischt. Auf Antrag des Vorstandes des betreffenden 
Ortsverbandes kann auch die Reichsversicherungsanstalt einen Teil der Rente 
eines Berechtigten dem Armenverbande überweisen zur Verwendung für die- 
jenigen Angehörigen, hinsichtlich deren der Berechtigte der ihm gesetzlich ob- 
liegenden Verpflichtung zur Gewährung von Unterstützungen nachweislich nicht 
nachkommt. Forderungen Entschädigungsberechtigter sind unübertragbar und 
der Pfändung nicht unterworfen. Die bezüglichen Urkunden und Verhandlungen 
sind gebühren= und stempelfrei. Wenn eine Erwerbsunfähigkeit durch Verletzung 
oder ein Todesfall in einem Betriebe eintritt, wo keine Versicherung mit der 
Reichsanstalt abgeschlossen ist, so ist der Betriebsunternehmer zu der betreffenden 
Entschädigung verpflichtet, wenn er nicht nachweist, daß er die vorgeschriebene 
Anzeige gemacht hat. Andernfalls trifft die Verpflichtung den betreffenden 
Landarmenverband oder Bundesstaat. Ist der Unfall Schuld des Unternehmers 
oder seines Vertreters, so haftet der erstere der Reichsversicherungsanstalt, und 
kann vom Beschädigten Kapitalswert der Rente gefordert werden. Bei Bauten 
gilt als Betriebsunternehmer der Ausführer für eigene Rechnung. Für Ueber- 
tretungen respektive Zuwiderhandlungen gegen die vorstehend angeführten be- 
züglichen Vorschriften sind Bestrafungen von 50 bis respektive 1000 Mark vor- 
gesehen. Der § 2 des Gesetzes vom 7. Juni 1871, betreffend die Verbindlich- 
keiten zum Schadenersatz für die beim Betriebe von Eisenbahnen, Bergwerken 
u. s. w. herbeigeführten Tötungen und Körperverletzungen, findet da, wo nach 
diesem Gesetze Entschädigung gefordert werden kann, fernerhin keine An- 
wendung. Schadenersatzansprüche, die den Betreffenden auf Grund anderer 
gesetzlicher Bestimmungen zustehen, werden dahin aufrecht erhalten, daß sie sich 
auf den ihnen zukommenden Schadenersatz dasjenige anrechnen lassen müssen, 
was ihnen dieses Gesetz zuspricht. Neben den durch dasselbe vorgeschriebenen 
Versicherungen sind übrigens den betreffenden Arbeitern auch noch weitere Ver- 
sicherungen für eigene Rechnung bei der Reichsversicherungsanstalt gestattet. Für 
die im Dienste anderer beschäftigten gewerblichen Arbeiter, für welche die Ver-
	        
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