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sicherung durch dieses Gesetz nicht vorgeschrieben ist, können Versicherungen gegen
die Folgen von Betriebsunfällen bei der Reichsversicherungsanstalt abgeschlossen
werden: für den Fall der völligen oder teilweisen Arbeitsunfähigkeit, eine für
die Dauer derselben an den Verletzten zu zahlende Rente, und für den Fall
des Todes, eine an die im § 7 bezeichneten Hinterbliebenen für die daselbst
vorgeschriebene Dauer zu zahlende Rente. Die Höhe der zu versichernden Rente
bestimmt der Versicherungsnehmer, jedoch soll sie bei völliger Arbeitsunfähigkeit
600 Mark, bei Tod 450 Mark nicht überschreiten. Durch Beschluß des Bundes-
rats kann der Geschäftsbetrieb der Reichsversicherungsanstalt auf Lebensver-
sicherung für die im Dienste anderer beschäftigten gewerblichen Arbeiter bis
zum Betrage von 6000 Mark ausgedehnt werden. Die Ausdehnung des
Geschäftsbetriebes auf Versicherung für den Fall der infolge von Krankheit oder
Alter entstandenen Arbeitsunfähigkeit bleibt weiterer gesetzlicher Regelung vor-
behalten; die Tarife wie Versicherungsbedingungen werden durch Beschluß
des Bundesrats festgestellt, den Versicherungsnehmern aber sollen hinsichtlich
des Abschlusses der Versicherungen unter Einzahlung der Prämien thunlichst
dieselben geschäftlichen Erleichterungen zu teil werden, welche für die gesetzlich
notwendigen Versicherungen Platz greifen. Zu dem Ende haben sich die Arbeit-
geber sowie die von Landeszentralbehörden zu bestimmenden Landes= und
Kommunalbehörden der Geschäftsvermittlung zwischen der Reichsversicherung
und den Versicherungsnehmern zu unterziehen. Der Zeitpunkt, zu welchem das
Gesetz in Kraft tritt, wird durch Kaiserliche Verordnung im Einvernehmen mit
dem Bundesrat bestimmt werden.
In den Motiven hieß es: Es handelt sich nur um einen ersten Schritt
auf einem Gebiete, auf welchem eine jahrelang fortzusetzende schwierige Arbeit
mit Vorsicht und allmälich zu bewältigen sein und die Lösung einer Aufgabe
wieder neue Aufgaben erzeugen wird. Die ganze deutsche Nation wird wohl-
thun, sich jetzt dieser Aufgabe als einer der wichtigsten, die ihr obliegt, zuzu-
wenden und dagegen das Spiel der fruchtlosen Parteikämpfe etwas ruhen
zu lassen.
In der Sitzung vom 20. Januar 1881 überwies der Bundesrat die
Vorlage an den Ausschuß für Handel und Verkehr und für Justizwesen. 1)
1) In der Nr. 56 v. 3. 2. 81 der „Nordd. Allg. Ztg.“ findet sich folgendes Entre-
filet: Die Opposition gegen das Unfallversicherungsgesetz flüchtet sich jetzt hinter den ver-
meintlichen Widerspruch der Mittelstaaten. Bis jetzt hat nur die „Germania“ einen Ein-
griff in die Reservatrechte der Mittelstaaten dem Gesetzentwurf schuld gegeben, aber diesen
Vorwurf doch nur auf die Institution der Reichsversicherungsanstalt gegründet. Das
„Dresdener Journal“ hat denselben weiter erörtert, indem es die Uebertragung der Ver-
sicherung auf die einzelnen Bundesstaaten zur Erwägung stellt. Aber keineswegs hat das
sächsische Organ sich damit gegen das ganze Gesetz erklärt. Aus jenen Erwägungen kann
man doch nicht auf einen prinzipiellen Widerspruch eines oder mehrerer Bundesstaaten
gegen den Gesetzentwurf schließen.