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wurde, so zahlreich besucht, daß sich dieselbe äußerlich kaum von einer Plenar—
sitzung unterschied. Am 21. Februar 1881 hielten die Minister v. Lutz, v. Nostitz
Wallwitz und v. Mittnacht mit dem Reichskanzler eine von 5 bis nach 8 Uhr
dauernde Konferenz über schwebende Bundesratsverhandlungen, nachdem dieselben
vorher bereits in einer fast fünfstündigen Ausschußsitzung thätig gewesen waren.
Es ergiebt sich hieraus, mit welcher Erhöhung der täglichen Anstrengung die
Konzentrirung der ministeriellen Thätigkeit im Bundesrat verbunden war.
Antwort des Bundesrats auf die Beschlüsse des Reichstags.
Mit Schreiben vom 5. März 1881 teilte der Reichskanzler dem Reichstag die
Uebersicht der vom Bundesrat gefaßten Entschließungen auf Beschlüsse des Reichs-
tags aus der dritten Session (1880) der vierten Legislaturperiode und aus
früheren Sessionen mit.1)
Beleidigung des Bundesrats. In der Sitzung des Bundesrats
vom 7. Juni 1881 erteilte derselbe ausnahmsweise die Genehmigung zur Ein-
leitung des gerichtlichen Strafverfahrens gegen die in Wandsbeck erscheinenden
„Norddeutschen Nachrichten“ und die „Oldesloer Nachrichten“ wegen Beleidigung
des Bundesrats. Die Beleidigung wurde in den Artikeln gefunden, welche die
beiden Blätter über die vom Staatssekretär v. Boetticher im Reichstage ver-
lesene Erklärung gebracht hatten, wonach der Bundesrat es mit seiner Würde
nicht für vereinbar halte, sich an der Debatte über den Antrag Richter, be-
treffend den Zollanschluß Hamburgs, zu beteiligen.
3. Präsidium (Reichsbeamte, Behördenorganisation).
Errichtung einer volkswirtschaftlichen Abteilung im Reichs-
amt des Innern und eines deutschen Volkswirtschaftsrats. Im
Februar 1881 2) legte Bismarck dem Bundesrat den Entwurf einer Ergänzung
zum Etat des Reichsamts des Innern pro 1881/82 vor. Diese Ergänzung
betraf die Einrichtung einer volkswirtschaftlichen Abteilung des gedachten Amts,
das heißt die Besoldung des Direktors und zweier Näte. Ferner wurden in
dem Etat neu 82000 Mark zur Bildung eines deutschen Volkswirtschaftsrats
in Ansatz gebracht, der aus 120 und dessen Ausschuß aus 40 Mitgliedern
bestehen sollte.
In den Motiven der Vorlage, den deutschen Volkswirtschaftsrat betreffend,
heißt es: Es wird vorausgesetzt, daß im Laufe des Jahres der deutsche Volks-
wirtschaftsrat 21 Tage und der permanente Ausschuß desselben 42 Tage lang
sich in Thätigkeit befindet.
1) Reichstagsdrucks. Nr. 36, vierte Legislaturperiode. IV. Session 1881.
2) In Kohls Bismarck-Regesten unerwähnt. In Schultheß' Geschichtskalender findet
sich das Datum 11. Februar 1881.