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der Zentralbehörden der Bundesstaaten, welche nach dem Entwurfe zuständig
für das Verbot der Vereine waren, sollte die Landespolizeibehörde treten. Das
Reichsamt für Vereinswesen und Presse war nach dem Antrage Bayerns aus-
gefallen; an seine Stelle trat der Bundesrat, welcher „zur Entscheidung der an
denselben auf Grund dieses Gesetzes gelangenden Beschwerden aus seiner Mitte
einen besonderen Ausschuß bildet. Der Ausschuß sollte aus 7 Mitgliedern be-
stehen, dieselben sollen bei der Entscheidung an Instruktionen nicht gebunden
sein. Die Entscheidungen des Ausschusses werden im Namen des Bundesrats
erlassen und sind endgiltig.“ Neu war noch der folgende § 21: „Welche
Behörden in jedem Bundesstaate unter der Bezeichnung „Landespolizeibehördel,
„Polizeibehörde' zu verstehen sind, wird von der Zentralbehörde jedes Bundes-
staates bekannt gemacht.“ — Die übrigen Veränderungen, welche der Justiz-
ausschuß beantragte, woren nur Konsequenzen der mitgeteilten prinzipiellen
Aenderungen. Der Entwurf, welcher im wesentlichen nach dem Ausschußantrage
angenommen wurde, hatte nur 22 Paragraphen. Der preußische Entwurf ent-
hielt 24 Paragraphen. An der Formulirung des Gegenentwurfs waren be-
teiligt die Herren Dr. Friedberg, Wirklicher Geheimer Rat und Staatssekretär
des Reichs-Justizamts, Kastner, Ober-Appellationsgerichtsrat (Bayern), Held, Ge-
heimer Justizrat (Sachsen), Heß, Ministerialrat (Württemberg), Dr. Neidhardt,
außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister. Staatsrat (Groß-
herzogtum Hessen), v. Liebe, Ministerresident, Wirklicher Geheimer Rat (Braun-
schweig) und Dr. Krüger, Ministerresident (Lübeck). Die „Motive“, welche den
Entwurf für die Vorlage an den Reichstag begleiten sollten, sollten im Justiz-
ausschuß noch ausgearbeitet werden.
Die „National-Zeitung“ bezeichnete den Entwurf in der vom Bundesrat be-
liebten neuen Fassung 1) als den Ausdruck eines Sieges des Partikularismus über
Preußen. Die gleichzeitige Anwesenheit einer Anzahl Minister kleinerer Bundes-
staaten in Berlin hing nicht direkt mit der Plenarsitzung im Bundesrat zusammen;
sie hatte vielmehr nur den Zweck, Vereinbarungen mit dem preußischen Justiz-
ministerium wegen der Ober-Landes= und Landgerichte zu treffen. Die bezüg-
lichen Verhandlungen waren zwar schon geschlossen, die Minister blieben indessen
noch in Berlin, um der Plenarberatung des Bundesrats über das Sozialisten-
gesetz beizuwohnen.
Wie sich der Bundesrat zu den vom Reichstag beschlossenen Amendements
1) Fassung des Gesetzentwurfs nach den Anträgen des Justizausschusses s. „Nordd. Allg.
Ztg.“ Nr. 203 v. 28. 8. 78; Vergleichung der ursprünglichen preußischen Vorlage mit der
bundesrätlichen „Nat.-Ztg.“ Nr. 405 v. 28. 8. 78. Tragweite der Modifizirung der Vor-
lage durch den Bundesrat „Nat.-Ztg.“ Nr. 408 v. 30. 8. 78. Bemerkungen über die
Reichskommissare zur Vertretung der Sozialistenvorlage im Reichstage „Nordd. Allg.
Ztg.“ Nr. 213 v. 8. 9. 78.