Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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Regierung erklärt hat, an einer Beratung sich darum nicht beteiligen zu können, 
weil von einigen Abgeordneten etwas ausgegangen, das ihre Würde verletze? 
Wenn diese Wirkung einem Wort oder Antrag einiger Abgeordneten zugestanden 
worden wäre, wie oft hätte dann nicht schon der Ungestüm der Sozialdemokraten 
eine unvermeidliche Auswanderung des Bundesrats zur Folge haben können oder 
haben müssen? Es dürfte also wohl unmöglich sein, in unserem Falle die 
Sprödigkeit des Bundesrats mit zureichenden Gründen zu rechtfertigen. 
Die Schroffheit, mit der der Bundesrat aufgetreten, kann nicht dazu dienen, 
seine Stellung in der öffentlichen Meinung zu heben; man wird nicht finden, 
daß er einen triftigen Grund dazu gehabt.“ 
Demgegenüber bemerkte die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ in der 
Nr. 245 vom 29. 5. 81°: „Einzelne Blätter verbleiben mit einer Beharrlich- 
keit, die einer besseren Sache wert wäre, bei der Behauptung: der Bundesrat 
habe sich durch die von dem Staatssekretär des Innern abgegebene Erklärung 
der Beratung der Anträge Ausfeld, Marquardsen und der übrigen auf die 
Verhandlungen über Hamburg und die Unterelbe bezüglichen, objektiv gehaltenen 
Anträge entziehen wollen. Diese Unterstellung ist in jeder Beziehung unrichtig. 
Die namens des Bundesrats abgegebene Erklärung bezog sich ausschließlich auf 
den Antrag Richter-Karsten, und lediglich der jeder Einwirkung des Bundesrats 
entzogene Umstand, daß im Reichstage mit der Beratung dieses für die ver- 
bündeten Regierungen undiskutirbaren Antrags zugleich diejenige über die auf 
dieselbe Angelegenheit bezüglichen übrigen Anträge verbunden wurde, hat dahin 
geführt, daß die Mitglieder des Bundesrats auch an der Diskussion der letzteren 
sich thatsächlich nicht beteiligen konnten. So bedauerlich es ist, daß der Bundes- 
rat durch die ihn verletzende Fassung des Richter-Karstenschen Antrags genötigt 
wurde, von einer Beteiligung an der Diskussion über denselben Abstand zu nehmen, 
so unerwünscht ist es, daß durch die Eröffnung der gemeinsamen Diskussion über 
alle auf den in Rede stehenden Gegenstand bezüglichen Anträge die Beteiligung 
der verbündeten Regierungen auch an der Beratung der unverfänglichen Anträge 
ausgeschlossen wurde. Die verbündeten Regierungen waren in keiner Weise 
in der Lage, dieses Ergebnis, so wenig sie selbst es herbeiführen wollten, ab- 
zuwenden. Jeder Kundige weiß, daß es vielmehr den verbündeten Regierungen 
nur hätte erwünscht sein können, über die materielle Seite der zur Diskussion 
stehenden Frage sich im Reichstag zu äußern. Es ist nicht loyal, den ver- 
bündeten Regierungen Absichten und Motive zu imputiren, für welche nicht der 
geringste Anhalt vorliegt. Die Schuld liegt ausschließlich in der Fassung des 
Antrags Richter-Karsten. Für die Konsequenzen desselben möge man daher 
diejenigen verantwortlich machen, welche ihn gestellt haben.“ 1) 
1) Die „Post“ v. 28. Mai 1881 bemerkte: „Wenn daher das sezessionistische Partei- 
Organ die Erklärung des Bundesrats als eine neue Demütigung des Reichstags ansieht, 
Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundesrat. IV., 25
	        
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