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Zusammenwirken zweier Staaten unter Umständen hinreichen könne, Majoritäts-
beschlüsse herbeizuführen. Der Bevollmächtigte sei daher angewiesen, zu be-
antragen: Der Bundesrat wolle zu den Ausschußanträgen beschließen: daß in
den Plenarversammlungen der Kommission eines von den drei durch den Reichs-
kanzler zu ernennenden Mitgliedern und eines der beiden von Bayern zu
ernennenden Mitglieder nur beratende Stimme zu führen hätten. Dieser Antrag
wurde abgelehnt.
Die Bevollmächtigten für das Königreich Sachsen und das Herzogtum
Braunschweig erklärten bei Zustimmung zu den Ausschußanträgen, ihre Re-
gierungen verwahrten sich dagegen, daß aus der Zustimmung zu der vor-
geschlagenen Zusammensetzung der Kommission ein Präjudiz für die Bildung
ähnlicher Kommissionen in der Zukunft abgeleitet werde. Auch wurde Ein-
verständnis darüber konstatirt, daß unter Beamten, welche in die Kommission
zu berufen seien, auch die Senatoren der Hansestädte sowie im Ruhestande
befindliche Beamte zu verstehen seien und der Reichskanzler bei der Auswahl
der von ihm zu ernennenden Kommissionsmitglieder nicht auf Reichsbeamte
beschränkt sei.
Seinen Gedanken über die Ziele seiner Steuer= und Zollpolitik gab Bis-
marck in nachstehendem, an den Bundesrat gerichteten Schreiben 1) Ausdruck:
Friedrichsruh, den 15. Dezember 1878.
„Nachdem der Bundesrat auf Grund der Vorlage vom 12. November l. J.
die Einsetzung einer Kommission zur Revision des Zolltarifs beschlossen hat,
beehre ich mich, nachstehend die Gesichtspunkte darzulegen und zur geneigten
Erwägung zu stellen, welche mir bei dieser Revision als leitende vorschweben,
und in deren Richtung ich amtlich zu wirken bestrebt bin.
In erster Linie steht für mich das Interesse der finanziellen Reform.
Verminderung der direkten Steuerlast durch Vermehrung der auf indirekten
Abgaben beruhenden Einnahmen des Reichs.
Wie weit Deutschland in der finanziellen Entwicklung seines Zollwesens
hinter anderen Staaten zurückgeblieben ist, zeigt die unter 1 anliegende Uebersicht.
Das hier dargestellte Verhältnis würde sich noch ungünstiger für Deutschland
gestalten, wenn zu den für Oesterreich-Ungarn, Frankreich und Italien auf-
geführten Beträgen der Einnahme an Grenzzöllen die Summen hinzugefügt
würden, welche diese Staaten an Stelle des Zolls vom ausländischen Tabak
in der Form des Monopolertrags beziehen, und welche zu Gunsten der Gemeinden
als Oktroi erhoben werden.
1) Am 29. Nov. 1878 hatte Bismarck in Friedrichsruh eine Konferenz mit dem
Staatsminister Hofmann, wobei wahrscheinlich die in diesem Schreiben erwähnten Fragen
besprochen wurden. (In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt).