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unvermeidlichen Lasten auf die weniger drückenden indirekten Steuern besteht
das Wesen der Finanzreform, zu deren Verwirklichung auch die Zolltarifrevision
dienen soll.
Um eine dieser Rücksicht entsprechende Grundlage für die Revision zu
gewinnen, empfiehlt es sich meines Erachtens, nicht bloß einzelne Artikel, welche
sich dazu besonders eignen, mit höheren Zöllen zu belegen, sondern zu dem
Prinzip der Zollpflichtigkeit aller über die Grenze eingehenden Gegenstände,
welche in der preußischen Zollgesetzgebung vom Jahre 1818 an als Regel
aufgestellt war und später in der allgemeinen Eingangsabgabe des Vereins-
zolltarifs bis zum Jahre 1865 seinen Ausdruck fand, zurückzukehren.
Von dieser allgemeinen Zollpflicht würden diejenigen für die Industrie
unentbehrlichen Rohstoffe auszunehmen sein, welche in Deutschland gar nicht
(wie zum Beispiel Baumwolle), und nach Befinden auch die, welche nur in
einer ungenügenden Quantität oder Oualität erzeugt werden können.
Alle nicht besonders ausgenommenen Gegenstände sollten mit einer Ein-
gangsabgabe belegt sein, die nach dem Werte der Waren, und zwar unter
Zugrundelegung verschiedener Prozentsätze, je nach dem Bedarfe der einheimischen
Produktion, abzustufen wäre. Die hiernach zu bemessenden Zollsätze würden
auf Gewichtseinheiten, wie dies in dem bestehenden Zolltarif die Regel ist,
zurückzuführen und darnach zu erheben sein, soweit nicht nach der Natur des
Gegenstandes eine Erhebung des Zolles per Stück (wie bei dem Vieh) oder
unmittelbar nach dem Wert (wie bei Eisenbahnfahrzeugen, eisernen Flußschiffen)
sich mehr empfiehlt.
Nach den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Statistischen Amtes (Statistik
des Deutschen Reiches, Band XXXII. S. II. 93) betrug im Jahre 1877 der
geschätzte Wert der Wareneinfuhr (Eingang in den freien Verkehr) rund
3877 Millionen Mark. Hiervon fallen laut Anlage 2 auf bisher zollfreie
Artikel rund 2853 Millionen Mark. "
In dieser Summe ist der Wert einer Reihe von Artikeln enthalten, welche
auch in Zukunft zollfrei zu lassen sein werden, weil sie unter die oben bezeichnete
Kategorie der für die Industrie unentbehrlichen Rohstoffe fremder Herkunft
fallen, oder weil sie, wie gemünztes Metall, sich ihrer Natur nach nicht zu
einem Gegenstande der Verzollung eignen. Außerdem würden die Positionen
in Abzug zu bringen sein, für welche etwa auch in Zukunft die Freiheit der
Durchfuhr andern Ländern vertragsmäßig gewährleistet oder im Interesse des.
inländischen Verkehrs gesetzlich zugelassen werden soll. Es kommt ferner in
Betracht, daß die Belegung jetzt zollfreier Artikel, auch mit einer mäßigen Ein-
gangsabgabe, doch Einfluß auf den Verbrauch dieser Artikel üben kann.
Welcher Betrag hiernach von der obigen Summe von 2853 Millionen
Mark abzusetzen wäre, um den Gesamtwert der jetzt zollfreien, nach meinem
Vorschlag künftig der Zollpflicht unterliegenden Gegenstände zu ermitteln, —