Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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Bei Genehmigung des Sperrgesetzes in der vom Reichstag beliebten Fassung 
erkannte übrigens der Bundesrat (30. Mai 1879) ausdrücklich an, daß die 
Bestimmungen in Nr. 2 und in der Anlage A. des Schlußprotokolls zum Zoll- 
vereinsvertrage vom 8. Juli 1867 über die Zollbegünstigung von Roheisen u. s. w., 
welches zur Veredelung mit der Bestimmung der Wiederausfuhr oder zum Schiffsbau 
eingeht, auf den jetzt provisorisch zur Hebung gelangenden Roheisenzoll Anwendung 
finden.“) 
Am 6. Juli 1879, Sonntag nachmittags 3 Uhr, fand im Reichskanzler- 
Amt in Anwesenheit Bismarcks eine dreistündige vertrauliche Besprechung der 
Bundesratsmitglieder behufs Stellungnahme der verbündeten Regierungen zu 
den Beschlüssen der Tarifkommission statt.:) Da es sich, wie bereits oben S. 2 
bemerkt, im vorliegenden Fall nicht um eine eigentliche Sitzung des Bundesrats 
handelte, so unterblieb auch das übliche, für die Zeitungen bestimmte offiziöse 
Referat über die bei dieser Gelegenheit gefaßten Beschlüsse. Bei einer Ver- 
sammlung von 30—40 Mitgliedern gibt es aber erfahrungsgemäß kein Amits- 
geheimnis, und so sickerte denn über den Verlauf der Beratung doch etwas in 
die Presse. Der „National-Zeitung“ wurde darüber Folgendes gemeldet: Es 
liegt die Absicht vor, womöglich eine Abkürzung der Verhandlungen dadurch 
zu erlangen, daß dem Reichstage kein Zweifel über die Beschlüsse der Regierung 
bleibe, und so sind denn wohl heute an den betreffenden Stellen der Tarifberatung 
die wichtigen Erklärungen der Regierung zu erwarten. Im großen und 
ganzen ist auf Zustimmung der Regierung zu den Kommissionsbeschlüssen 
zu rechnen. Bezüglich der letzteren über die Getreidedurchfuhr besteht eine 
abweichende Auffassung der Regierung, und es wird, wenn auch mit frag- 
lichem Erfolg, die Bemühung nicht aufgegeben werden, die Kommissions- 
beschlüsse in dieser Richtung umzustoßen. Von anderer Seite wird uns 
mitgeteilt, daß die gestrigen Beschlüsse des Bundesrats sich wesentlich auf 
den § 1 und die § 6 und 7 des Tarifgesetzes beziehen. Bezüglich des Inkraft- 
tretens der neuen Zollsätze (§ 1) verlangt der Bundesrat, daß dieses für Eisen, 
Hopfen, Instrumente und die Finanzartikel sofort, für Getreide und Holz mit 
dem 1. Oktober d. J., für die übrigen Artikel mit dem 1. Januar 1880 statt- 
finde. — In § 6 Nr. 1 soll es nach dem Bundesratsbeschlusse Transitlager 
für Getreide „können bewilligt werden“, statt „werden bewilligt“ heißen. Zu 
* 7, dem Franckensteinschen Amendement, ist folgender Zusatz beschlossen: 
Diese Bestimmung tritt mit dem 1. April 1880 in Kraft. 
Insoweit der Ertrag der Zölle und der Tabaksteuer für die Zeit vom 
1. Oktober 1879 bis 31. März 1880 die Summe von 52 651 815 Mark über- 
1) § 315 der Prot. in der a. a. O. cit. Quelle. 
2) Eine andere Vorbesprechung über Beschlüsse der Zolltarifkommission des Reichstags 
war bereits am 3. Juli 1879 erfolgt; ek. § 492 der Prot in der a. a. O. cit. Quelle.
	        
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