Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

— 71 — 
die mecklenburg-schwerinsche Regierung am 31. März 1879 den in Nr. 65 
der Bundesrats-Drucksache 1) enthaltenen Antrag, so daß nunmehr der Bundesrat 
über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der beabsichtigten Veranlagung der 
Rübenzuckerfabriken zur Gewerbesteuer zu entscheiden hatte. 
Die Ausschüsse waren zunächst darüber einig, daß die Gewerbesteuer eine 
direkte Steuer und zur Finanzhoheit der Staaten gehörig sei. Die Frage war 
indes, ob in dem beabsichtigten Steuermodus ein Zuschlag zu der indirekten 
Reichssteuer oder lediglich ein verfassungsmäßig zulässiger Modus der Ver- 
anlagung der direkten Landessteuer zu erblicken sei. Ueber diese Frage waren 
die Ansichten in den Ausschüssen geteilt. 
Für die Abstimmung wurde schließlich die Frage gestellt: „Ob der von 
der Großherzoglich mecklenburg-schwerinschen Regierung beabsichtigte Modus der 
Veranlagung der Gewerbesteuer der Rübenzuckerfabriken für zulässig zu halten 
sei?“ und die Majorität entschied sich für die Bejahung dieser Frage. 
In diesem Sinne entschied auch der Bundesrat in der Sitzung vom 
30. Mai 1879 mit 30 gegen 28 Stimmen. Ich erwähne den Fall insbesondere 
um deswillen, weil sich in der Minorität neben Baden, Hessen, Sachsen-Weimar, 
Sachsen-Coburg-Gotha, Anhalt, Schwarzburg-Sondershausen und Waldeck auch 
Preußen befand. 
Verwendbarkeit des Scheiblerschen Verfahrens für steuer- 
liche Zwecke. Der Bundesrat hatte bereits im Dezember 1874 beschlossen, 
die Anstellung vom Raffinationsversuchen im großen zur Feststellung einesteils 
des Verhältnisses, in welchem der durch das Scheiblersche Verfahren gefundene 
theoretische Gehalt an Kristallzucker zu dem in einem rationellen Raffinations- 
prozesse zu erzielenden Ausbringen (Rendement) an solchem steht — anderen- 
teils die Richtigkeit der nach § 3 des Gesetzes vom 26. Juni 1869 bei der 
Abfertigung des mit dem Anspruch auf Steuervergütung ausgehenden Zuckers 
in Anwendung kommenden Polarisation zu genehmigen und den Reichskanzler 
zu ersuchen, wegen deren Ausführung unter möglichster Kostenersparnis das 
weitere zu veranlassen. Mit der oberen Leitung dieser Versuche, welche in einer 
zu diesem Behufe errichteten besonderen Anstalt zu Charlottenburg vorgenommen 
wurden, war der Professor Dr. Wichelhaus betraut worden. Nachdem die 
Versuchsarbeiten zu Anfang des Jahres 1878 abgeschlossen worden waren, legte 
der Reichskanzler (in Vertretung Hofmann) dem Bundesrat unterm 22. Sep- 
tember 18782) die gewonnenen Materialien vor und beantragte gleichzeitig eine 
Beschlußnahme des Bundesrats 1. über die Frage der Verwendbarkeit des 
1) In der S. 24 Note 2 citirten Quelle. 
2) Drucks. Nr. 109 in der a. a. O. erwähnten Quelle; in Kohls Bismarck-Regesten 
unerwähnt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.