Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

— 80 — 
desselben gegenüber auswärtiger Konkurrenz eingeschränkt wurde. Ein Mitglied 
einer anderen Bahn erklärte es als ein nachahmenswertes Beispiel der von 
seiner Verwaltung betriebenen Tarifpolitik, daß sie einige Artikel unter denjenigen 
Sätzen, welche als Minimalsätze gedacht werden (und zwar auf weite Ent— 
fernungen unter Zuwendung größerer Tarifeinheiten an Nachbarbahnen), gefahren 
habe, bloß um einzelne Industriezweige zum Aufleben und in Gang zu bringen. 
Dabei ist indessen nicht erwähnt, wie viele Produzenten und wie viele Industrien 
hierdurch an anderen Orten geschädigt worden sind, und wie diese Verhältnisse 
auf die Konsumenten eingewirkt haben. 
Mag ein Verfahren der in vorstehendem gekennzeichneten Art vielleicht im 
Interesse einer einzelnen Bahnverwaltung gelegen sein; die allgemeinen wirt— 
schaftlichen Interessen der Nation werden aber dadurch sicherlich mehr geschädigt 
als gefördert. 
Die nachteiligen Einflüsse des Kampfes der Eisenbahnen unter einander 
sind schon so häufig erörtert worden, daß es hierüber an dieser Stelle nur 
einiger Andeutungen bedarf. Sie äußern sich zunächst in den Auswüchsen des 
Differenzialtarifsystems und der Ausnahmetarife. 
Es ist wohl allgemein anerkannt und auch in den Verhandlungen der 
Enquêtekommission des Jahres 1875 durchgehends zum Ausdruck gekommen, 
daß Differenzialtarife, wenn sie die Begegnung von Konkurrenz des Auslandes 
zum Zwecke haben, sich, wie den finanziellen Interessen der Bahnen förderlich, 
so auch der nationalen Wirtschaft nützlich erweisen können, vorausgesetzt, daß 
sie sich in den richtigen Grenzen halten. 
Ebenso sind Abstufungen der Tarife, welche, der Verminderung der 
Transportkosten auf weite Entfernungen hin Rechnung tragend, den Fracht- 
einheitssatz mit der zunehmenden Entfernung zonenartig ermäßigen, an sich nicht 
unberechtigt. 
Ein gleiches gilt indessen nicht von den durch inländische Konkurrenz- 
verhältnisse hervorgerufenen Differenzialtarifen, welche sich dadurch kennzeichnen, 
daß sie Ermäßigungen nur für einzelne Artikel, zwischen einzelnen Stationen, 
sowie mit Unterbietung der Frachtsätze der zwischenliegenden Stationen 
gewähren. Diese Tarifdifferenzen schließen eine Ungerechtigkeit ein, weniger in 
der Ermäßigung an sich, als vielmehr in der Entziehung der Ermäßigung für 
die übrigen Stationen und die übrigen Artikel, wodurch berechtigte Interessen 
verletzt werden. 
Ebenso wie diese Differenzialtarife können diejenigen Tarifdifferenzen für 
die nationale Wirtschaft von schwer schädigendem Einfluß werden, welche, durch 
das Bestreben der Bahnen hervorgerufen, Massentransporte — auch durch Herab- 
gehen unter den normalen Transportgewinn, sogar bis unter die Grenze der 
Selbstkosten — auf ihre Linien zu ziehen, ausländische Artikel vor den gleich- 
artigen Artikeln der inländischen Produktion begünstigen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.