— 84 —
Ein ungeheurer Aufwand an Material und Arbeitskraft wird durch dieses stete
Arbeiten der Tarifverbände in Anspruch genommen, welcher bei einheitlicher, das
Fortbestehen der Verbände entbehrlich machender Gestaltung des Eisenbahn-
tarifwesens der Volkswirtschaft zum großen Teil erspart und für produktive-
Zwecke frei werden würde.
Die Umleitungen, welche die Sendungen gegenüber der kürzesten und,
natürlichsten Route erleiden, und die durch die künstlichen Instradirungsfestsetzungen
der Tarifverbände herbeigeführt werden, sind sehr erheblich; sie stehen mit einer
rationellen wirtschaftlichen Bewältigung des Verkehrs in einem folgenschweren
Gegensatz. Letzterer findet in der Erhöhung der Betriebskosten des Transports
seinen Ausdruck.
Von dem Bestreben geleitet, möglichst viel Verkehr an sich zu ziehen, haben
Bahnen, welche durch ihre natürliche Lage nur auf den Lokalverkehr angewiesen
sind, es durch Rührigkeit ihrer Vertreter auf den Konferenzen der Eisenbahn-
verbände dahin gebracht, daß ihnen wochen= oder monatsweise ein Teil des
großen Durchgangsverkehrs, unter Ablenkung von den natürlichen Verkehrswegen,
zugewiesen ist. Die Bahnen haben sich mit ihren Betriebseinrichtungen und.
Fahrplänen auf den großen Verkehr eingerichtet: sie fahren ebenso viel Züge-
als andere durch ihre natürlichen Verhältnisse auf den Durchgangsverkehr an-
gewiesene Bahnen, noch dazu mit größeren Kosten auf Umwegen, während die
Hauptbahn leicht das Doppelte des ihr gegenwärtig zufließenden Verkehrs ohne-
wesentliche Erhöhung ihrer Selbstkosten durch bessere Ausnutzung der Zugkraft
und des Wagenraumes bewältigen könnte.
Der Entstehung solcher unnatürlichen Zustände würde der Boden entzogen
werden durch ein Tarifsystem, welches, indem es den Bahnen feste Einheitssätze
und richtige Instradirung vorschreibt, die Konkurrenzjagd beseitigt und damit
der Güterbewegung wiederum ihre natürlichen Bahnen anweist. Nicht nur, daß
unter dem Einflusse des gegenwärtigen Systems Bahnen mit einem Aufwand
an Anlagekosten entstanden sind und noch entstehen, deren Verhältnisse bei
natürlicher Leitung des Verkehrs einen weit wohlfeileren Bau gestatteten: auch
die laufenden Betriebskosten werden bei der bestehenden Teilung, Zersplitterung
und Umleitung des Verkehrs durch den übermäßigen Transportaufwand der
Neben= und die mangelhafte Zugkraft= und Wagenraumausnützung der Haupt-
bahnen jährlich um viele Millionen verteuert, welche der nationalen Wirtschaft
erspart werden und dem Güteraustausch in Gestalt billiger Frachttarife zu gute-
kommen könnten.
Ein Rückblick auf die vorangangenen Erörterungen führt zu der Ueberzeugung,
daß eine Besserung der geschilderten Verhältnisse auf dem Gebiete des Eisenbahn-
tarifwesens nach einer Richtung hin, welche den Charakter der Eisenbahnen als-
im Dienste der Gesamtheit stehender deutscher Verkehrsanstalten zum Ausdruck
bringt und sich zugleich dem Rahmen des Bestehenden anschließt, nur durch