Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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Ein ungeheurer Aufwand an Material und Arbeitskraft wird durch dieses stete 
Arbeiten der Tarifverbände in Anspruch genommen, welcher bei einheitlicher, das 
Fortbestehen der Verbände entbehrlich machender Gestaltung des Eisenbahn- 
tarifwesens der Volkswirtschaft zum großen Teil erspart und für produktive- 
Zwecke frei werden würde. 
Die Umleitungen, welche die Sendungen gegenüber der kürzesten und, 
natürlichsten Route erleiden, und die durch die künstlichen Instradirungsfestsetzungen 
der Tarifverbände herbeigeführt werden, sind sehr erheblich; sie stehen mit einer 
rationellen wirtschaftlichen Bewältigung des Verkehrs in einem folgenschweren 
Gegensatz. Letzterer findet in der Erhöhung der Betriebskosten des Transports 
seinen Ausdruck. 
Von dem Bestreben geleitet, möglichst viel Verkehr an sich zu ziehen, haben 
Bahnen, welche durch ihre natürliche Lage nur auf den Lokalverkehr angewiesen 
sind, es durch Rührigkeit ihrer Vertreter auf den Konferenzen der Eisenbahn- 
verbände dahin gebracht, daß ihnen wochen= oder monatsweise ein Teil des 
großen Durchgangsverkehrs, unter Ablenkung von den natürlichen Verkehrswegen, 
zugewiesen ist. Die Bahnen haben sich mit ihren Betriebseinrichtungen und. 
Fahrplänen auf den großen Verkehr eingerichtet: sie fahren ebenso viel Züge- 
als andere durch ihre natürlichen Verhältnisse auf den Durchgangsverkehr an- 
gewiesene Bahnen, noch dazu mit größeren Kosten auf Umwegen, während die 
Hauptbahn leicht das Doppelte des ihr gegenwärtig zufließenden Verkehrs ohne- 
wesentliche Erhöhung ihrer Selbstkosten durch bessere Ausnutzung der Zugkraft 
und des Wagenraumes bewältigen könnte. 
Der Entstehung solcher unnatürlichen Zustände würde der Boden entzogen 
werden durch ein Tarifsystem, welches, indem es den Bahnen feste Einheitssätze 
und richtige Instradirung vorschreibt, die Konkurrenzjagd beseitigt und damit 
der Güterbewegung wiederum ihre natürlichen Bahnen anweist. Nicht nur, daß 
unter dem Einflusse des gegenwärtigen Systems Bahnen mit einem Aufwand 
an Anlagekosten entstanden sind und noch entstehen, deren Verhältnisse bei 
natürlicher Leitung des Verkehrs einen weit wohlfeileren Bau gestatteten: auch 
die laufenden Betriebskosten werden bei der bestehenden Teilung, Zersplitterung 
und Umleitung des Verkehrs durch den übermäßigen Transportaufwand der 
Neben= und die mangelhafte Zugkraft= und Wagenraumausnützung der Haupt- 
bahnen jährlich um viele Millionen verteuert, welche der nationalen Wirtschaft 
erspart werden und dem Güteraustausch in Gestalt billiger Frachttarife zu gute- 
kommen könnten. 
Ein Rückblick auf die vorangangenen Erörterungen führt zu der Ueberzeugung, 
daß eine Besserung der geschilderten Verhältnisse auf dem Gebiete des Eisenbahn- 
tarifwesens nach einer Richtung hin, welche den Charakter der Eisenbahnen als- 
im Dienste der Gesamtheit stehender deutscher Verkehrsanstalten zum Ausdruck 
bringt und sich zugleich dem Rahmen des Bestehenden anschließt, nur durch
	        
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