Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

natürlichen Meinungsverschiedenheiten tritt nach dem Gesamteindruck der im 
Protokoll niedergelegten Auffassungen und Vorschläge aus der Vorbesprechung die 
Neigung entgegen, den dem Präsidialantrage vom 7. v. Mts. zu Grunde lie- 
genden Bestrebungen entgegen zu kommen. 
Dieselben zielen darauf ab: 
1. das gesamte Gütertarifwesen nach möglichst gleichartigen Grundsätzen 
gemeinsam zu ordnen; 
2. die im Interesse des Verkehrs unentbehrliche Klarheit und Uebersichtlich- 
keit in der Tarifirung zu schaffen und zu sichern; 
3. gesetzlichen Schutz dafür zu gewähren, daß die deutschen Eisenbahnen 
in erster Linie nicht fremdländischen Verkehrsinteressen dienstbar werden, sondern, 
ihrer Bestimmung bei der Anlage entsprechend, vorzugsweise dem deutschen 
Verkehr, der deutschen Produktion und dem Absatz der Erzeugnisse der letzteren 
förderlich werden. 
In letzterer Beziehung wird es als eine Aufgabe des Tarifgesetzes anzu- 
sehen sein, Uebelständen, wie sie, in Schädigung deutscher Interessen, durch miß- 
bräuchliche Anwendung der Differenzialtarife zu Gunsten des Auslandes hervor- 
gerufen sind, nachhaltig vorzubeugen und für den Verkehr von und nach der 
deutschen Grenze Bestimmungen vorzusehen, welche eine willkürliche Begünstigung 
des Auslandes gegen das Inland ausschließen. 
Ich habe den Antrag vom 7. Februar unter dem Eindruck gestellt, daß 
bisher im Betriebe der deutschen Bahnen das Streben nach finanziellen Erträgen 
die Aufgabe der Förderung der volkswirtschaftlichen Interessen zu weit in den 
Hintergrund drängt, und daß die nationalen Verkehrsinteressen dem Siege in 
einer Konkurrenz geopfert werden, welche auf die Dauer den soliden und regel- 
mäßigen Betrieb der Bahnen selbst gefährdet, jedenfalls aber die Landesinteressen 
schädigt, für deren Förderung die Bahnen von den Regierungen gebaut oder 
privilegirt worden sind. Ich glaube nicht zu irren, wenn ich annehme, daß 
bisher die Frachten für die Einfuhr fremder Erzeugnisse im Durchschnitt wohl- 
feiler sind als diejenigen für die Ausfuhr inländischer oder für deren Transport 
von einem deutschen Orte zum anderen. Die Einfuhrprämien, die auf diesem 
Wege dem Auslande gewährt werden, die hohe Belastung des inneren deutschen 
Verkehrs im Vergleich mit dem des Auslandes nach und durch Deutschland, 
die Nachteile, unter denen die deutsche Ausfuhr nach Westen unter den hohen 
Tarifen leidet, die sie im Vergleich mit der wohlfeiler beförderten Durchfuhr 
von Osten nach Westen zu tragen hat, lasten schwer auf unserm Wohlstande. 
Die früher so beträchtliche deutsche Ausfuhr nach West= und Südeuropa erliegt 
der Konkurrenz der osteuropäischen Durchfuhr infolge der Begünstigung der 
letzteren durch die Differenzialtarife deutscher Bahnen. 
In der Aufgabe der verbündeten Regierungen liegt es meines Erachtens, 
diesen Uebelständen nach Möglichkeit abzuhelfen und durch Reform dahin zu
	        
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