Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

116 XIII. Emser Depesche. Begründung des Deutschen Reichs. 
Haltung Spaniens im deutsch-französischen Kriege hat gezeigt, 
wie wenig Deutschland in politischer Hinsicht von Spanien er- 
warten durfte: die Nachkommen des Cid sahen „Gewehr bei 
Fuß“" zu, wie sich die deutschen Truppen mit den Franzosen 
schlugen um die Freiheit der spanischen Königswahl und ließen 
ohne Murren die Fälschung der Frage aus einer spanischen 
in eine deutsche geschehen, statt ihrerseits Frankreich wegen 
seiner Einmischung in eine spanische Angelegenheit zur Rechen- 
schaft zu ziehen. 
Wenn Frankreich sein Interesse durch die Wahl des Hohen- 
zollernschen Prinzen gefährdet glaubte, so hatte es sich nach 
Madrid, nicht nach Berlin zu wenden; indem es seiner pein- 
lichen Ueberraschung im Auswärtigen Amte zu Berlin Ausdruck 
gab, bewies es, daß es den gesuchten Vorwand zum Kriegsfall. 
mit Preußen gefunden zu haben glaubte. Die Antwort, die 
Herr von Thile dem französischen Geschäftsträger gab, war ohne 
Zweifel correct: dem preußischen Ministerium war die durchaus 
als Familiensache behandelte Angelegenheit amtlich fremd; denn 
das in den Denkwürdigkeiten des Königs von Rumänien er- 
wähnte Ministerconseil im Schlosse zu Berlin hat nach Bismarcks 
Zeugniß niemals stattgefunden, die spanische Candidatur ist 
dort höchstens im Tischgespräch berührt, niemals aber amtlich 
verhandelt worden. In Paris machte man kein Hehl daraus, 
worauf es bei der ganzen Komödie abgesehen war: Preußen 
sollte entweder zur Zurückziehung der Candidatur, zu der es 
nur durch die Person seines Königs als eines Mitgliedes des 
Hohenzollernschen Hauses in Beziehung stand, gedemüthigt 
oder zum Kriege getrieben werden. Ließ es sich demüthigen, 
so hatte Frankreich einen diplomatischen Erfolg errungen, der 
sein durch 1866 verlorenes Prestige mit einem Schlage wieder 
herstellte, lehnte es die geforderte Genugthuung ab, so hoffte 
man es zu schlagen und rechnete dabei auf die Mitwirkung 
der süddeutschen Staaten, sowie derjenigen unzufriedenen 
Elemente des Nordbundes, die aus ihrer französischen Ge- 
sinnung kein Hehl machten. Die französischen Minister „lebten, 
rechneten und handelten in Rheinbundserinnerungen“, „der 
deutsch-nationale Aufschwung, welcher der französischen Kriegs-
	        
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