Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

Französische Unverschämtheiten. Bismarck und die Emser Vorgänge. 117 
erklärung folgte, vergleichbar einem Strome, der die Schleußen 
bricht, war für die französischen Politiker eine Ueberraschung“. 
Das Ministerium Gramont-Ollivier überstürzte die Dinge: der 
unberechtigten Anfrage vom 4. Juli, die Bismarck als eine 
„internationale Unverschämtheit“ bezeichnet, „die für uns die 
Unmöglichkeit involvirte, auch nur um einen Zoll breit zurück- 
zuweichen“, folgte am 6. die „amtliche internationale Bedrohung 
mit der Hand am Degengriff“ durch die Erklärungen der beiden 
Minister im gesetzgebenden Körper und die Fluth von amtlich 
autorisirten Beschimpfungen Preußens in der französischen Presse 
über das Thema: „La Prusse cane“ (Preußen kneift!) 
Bismarck wurde durch den Sturn kriegerischer Leidenschaft, 
den das Bekanntwerden der Hohenzollernschen Candidatur an 
der Seine entfesselt hatte, in Varzin überrascht; hatte er den 
ersten Aeußerungen in der französischen Presse kein besonderes 
Gewicht beigelegt, so belehrte ihn die amtliche Erklärung der 
Minister in Verbindung mit der Thatsache, daß der Botschafter 
Graf Benedetti Weisung erhalten hatte, in Ems unmittelbar beim 
Könige von Preußen vorstellig zu werden, daß an dem Ernst 
der Lage nicht zu zweifeln sei. Er verließ am 12. Juli Varzin, 
um sich nach Ems zu begeben und bei dem Könige die Be- 
rufung des Reichstages zum Zwecke der Mobilmachung zu 
befürworten. Er gab die Reise nach Ems auf, als er in Berlin 
aus den eingegangenen Telegrammen ersah, daß der König 
auch nach den französischen Bedrohungen in Presse und Par- 
lament fortfuhr, mit Benedetti zu verhandeln, „ohne ihm in 
kühler Zurückhaltung an seine Minister zu verweisen.“ Die 
am Abend eintreffende Nachricht von der Entsagung des Prinzen 
von Hohenzollern bestärkte ihn in seinem Entschlusse, aus dem 
Dienste zu scheiden, „weil er nach allen beleidigenden Provo- 
cationen, die vorhergegangen waren, in diesem erpreßten Nach- 
geben eine Demüthigung Deutschlands sah“, die er amtlich 
nicht verantworten wollte. Moltke und Roon, die an diesem 
(wie auch am folgenden) Abend bei ihm zu Tisch waren, hatten 
gleich ihm das Gefühl, daß Preußen durch seine Nachgiebigkeit 
eine Niederlage erlitten habe, die der von Olmütz gleichkam. 
Die Dinge waren durch die persönlichen Verhandlungen des
	        
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