118 XIII. Emser Depesche. Begründung des Deutschen Reichs.
Königs mit Benedetti auf einen falschen Strang gekommen;
er hätte vollständig correct gehandelt, wenn er den zudring-
lichen und unbequemen Fragesteller an den Minister verwiesen
hätte, dem es zukam, politische Verhandlungen zu führen. In
aufrichtiger Friedensliebe hatte er sich ehrlich bemüht, die
französische Aufregung zu dämpfen, und war sicher der festen
Ueberzeugung, der Würde seines Staates nichts vergeben zu
haben. Sein Minister war anderer Meinung. Im constitutio-
nellen Staate ist nicht das Staatsoberhaupt, sondern der
Minister verantwortlich, und das Triumphgeheul der fran-
zösischen Presse über den diplomatischen Sieg Frankreichs
beweist zur Genüge, daß man dem Ministerium Bismarck und
der durch dasselbe vertretenen preußischen Ehre einen tödtlichen
Streich zugefügt zu haben glaubte. Da war es eine besondere
Fügung, daß der König den Minister am 13. Juli ermächtigte,
die Thatsache, daß die neue, geradezu unerhörte Forderung
einer bindenden Bürgschaft für die Zukunft vom Könige zurück-
gewiesen worden sei, sowohl den Gesandten wie in der Presse
mitzutheilen. Die Form war Sache des Ministers, und es ist
eine ganz ungqualificirbare Unverschämtheit unserer vaterlands-
losen Socialdemokraten, daß sie immer von Neuem von einer
Fälschung der Emser Depesche sprechen, während Bismarck
nur in Erfüllung eines königlichen Auftrages, unter Zustimmung
von Moltke und Roon, handelte und unter dem Zwange eines
hochgespannten Ehrgefühls, wie wir es in entscheidenden
Stunden bei jedem verantwortlichen Leiter der deutschen Politik
zu finden wünschen müßten. Bismarck übersah den unein-
bringlichen Nachtheil einer weiteren Nachgiebigkeit für unsere
Entwickelung zur Einheit, und überzeugt, „daß die Kluft, die
die Verschiedenheit des dynastischen und Stammesgefühls und
der Lebensgewohnheiten zwischen dem Süden und dem Norden
des Vaterlandes im Laufe der Geschichte geschaffen hatte, nicht
wirksamer überbrückt werden könne, als durch einen gemein-
samen nationalen Krieg gegen den seit Jahrhunderten ag-
gressiven Nachbar“, gab er der Mittheilung an die Oeffent-
lichkeit eine Fassung, die die Franzosen in die Zwangslage
brachte, ihrerseits den Krieg zu erklären oder die Ohrfeige