Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

Redaction der Emser Depesche. 119 
einzustecken, die ihnen Bismarck versetzte. „Der Unterschied in 
der Wirkung des gekürzten Textes der Emser Depesche im 
Vergleich mit der, welche das Original hervorgerufen hätte, 
war kein Ergebniß stärkerer Worte, sondern der Form, welche 
diese Kundgebung als eine abschließende erscheinen ließ, während 
die Redaction Abekens nur als ein Bruchstück einer schwebenden 
und in Berlin fortzusetzenden Verhandlung erschienen sein würde.“ 
Es ist echt deutscher Doctrinarismus und deutsche Nör- 
gelei, wenn immer von Neuem gemäkelt wird an der Art, wie 
der Krieg zum Ausbruche kam. Statt dem Hüter unserer 
nationalen Ehre zu danken, daß er den Muth der Verant- 
wortlichkeit besaß, die sein Amt von ihm forderte, kassen wir 
ihn von Buben und gefühlvollen Schwätzern beschimpfen und 
helfen so selbst mit den Ast absägen, auf dem wir sitzen. Ist 
der Krieg durch deutsche Schuld zum Ausbruch gekommen, so 
sind die Franzosen ganz berechtigt, über rohe Gewalt zu klagen 
und Elsaß-Lothringen zurückzufordern, das als Kampfespreis 
in deutschen Händen blieb. Daß die freiwillige Rückgabe dieser 
durch deutsches Blut in einem aufgezwungenen Kriege erkauften 
Gebiete von deutschen Gelehrten ernsthaft erwogen werden kann, 
beweist, wie wenig stark noch unser nationales Empfinden 
selbst in Kreisen ist, die die geistigen Führer der Nation sein 
sollten. Bismarck hat den Krieg nicht herbeigeführt — er war 
jederzeit gegen Präventivkriege, weil „man der Vorsehung nicht 
in die Karten sehen kann, um der geschichtlichen Entwickelung 
nach eigener Berechnung vorzugreifen“ —, aber er ist ihm 
nicht ausgewichen, als er ohne Ehrverlust nicht mehr zu ver- 
meiden war — und das ist sein größtes geschichtliches 
Verdienst. 
Während des französischen Krieges (23. Capitel: Ver- 
sailles) machte sich Bismarck gegenüber eine Rivalität der mili- 
tairischen Ressortbehörden geltend, deren erste Spuren sich schon in 
Böhmen gezeigt hatten. Die Militairs waren darüber empfind- 
lich, daß in Nikolsburg der Rath des auswärtigen Ministers, den 
Angriff auf die Floridsdorfer Linien durch den Uebergang der 
Donau bei Preßburg zu vermeiden, die Zustimmung des obersten
	        
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