Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

Parteigehässigkeit. Kreuzzeitungs-Declaranten. 151 
Eintreten für die frivolsten Verleumdungen des ersten Beamten 
des Deutschen Reiches nur verstärken mußten. Bismarck zog 
die selbstverständliche Folgerung: zwischen ihm und allen 
„Declaranten“ war das Tischtuch zerschnitten; er mußte mit 
manchen Männern brechen, die ihm früher in inniger Freund- 
schaft verbunden gewesen waren, und die Wunde, die dadurch 
seinem Herzen geschlagen wurde, ist nie ganz vernarbt. 
Leider fand Bismarck bei den Nationalliberalen nicht 
vollen Ersatz für das, was er aufgab; es blieb ihm die bittere 
Erinnerung daran, daß die nationalliberale Partei sich durch 
die rohen und unwürdigen Angriffe auf seine persönliche Ehren- 
haftigkeit nicht bewogen fand, ihm in der Abwehr irgendwie 
beizustehen, ja aus manchen Zeichen wollte er schließen, daß 
man in ihren Reihen den Angriff der conservativen Partei 
mit einer gewissen Genugthuung begrüßte und sich bemühte, 
den Bruch zu erweitern und ihm den Stachel tiefer einzudrücken. 
Fürst Bismarck sieht die Ursachen dieser Haltung in der Fractions= 
beschränktheit, die immer nur fragt: was nützt der Fraction? 
und nicht: was ist im gegebenen Falle dem Vaterlande nütz- 
lich? Der durch die „parlamentarischen Condottieri“ geübte 
Zwang schüchtert die einzelnen, minder redegewandten Mit- 
glieder der Fraction ein, ihre Meinung frei zu äußern, und 
so dienen sie schließlich nur den Herrschaftsgelüsten der Partei- 
führer, deren letztes Ziel immer der Posten des leitenden 
Ministers sein wird. Das ist menschlich natürlich, mußte aber 
einen Charakter wie Bismarck abstoßen, der, über alles Partei- 
wesen hinausgewachsen, immer nur ein Ziel kannte: das Beste 
des Vaterlandes, bei den Parteien aber für seine Bestrebungen 
nicht die erhoffte Förderung fand, weil jede den Vor- 
wurf scheute, „ministeriell zu sein“, so lange die leitende 
Stellung in „festen“ Händen war. „Dieser Vorwurf hörte 
sofort auf, den Conservativen und andern Fractionen empfind- 
lich zu sein“, als durch Bismarcks Entlassung die regierende 
Stelle vacant geworden war, „und jeder Parteiführer, in der 
Hoffnung, bei ihrer Wiederbesetzung betheiligt zu werden, bis 
zur unehrlichen Verleugnung und Boycottirung des früheren 
Kanzlers und seiner Politik servil und ministeriell wurde."
	        
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