Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

152 XV. Bruch mit den Conservativen. Intrigen. Die Ressorts. 
Aufreibender fast als der Kampf auf politischem und 
parlamentarischem Gebiete ist für Bismarck der Kampf gegen 
die Intrige gewesen, der sich hinter den Coulissen abspielte 
und ihm oft genug die Galle in's Blut getrieben hat. Das 
26. Capitel der „Gedanken und Erinnerungen“ Intrigen) 
giebt davon ausführliche Kunde. Obenan in der Reihe der 
ränkesüchtigen Streber steht Graf Harry v. Arnim, der einmal 
in der Weinlaune dem Fürsten Bismarck sagte, daß er jeden 
Vordermann in der Carrieère als seinen persönlichen Feind 
ansehe und demgemäß behandle. Er benutzte seine Stellung 
als Botschafter in Paris, um in Privatbriefen an den Kaiser 
auf eigene Faust politische Vorschläge zu machen, die den An- 
schauungen des verantwortlichen Reichskanzlers zuwiderliefen, 
indem er einer Wiederherstellung des französischen Königthums 
das Wort redete, während nach Bismarcks Ansicht die Fort- 
dauer der im monarchischen Europa bündnißunfähigen Republik 
Deutschland den Frieden sicherte. Glücklicherweise versäumte 
der Kaiser nicht, Arnims Briefe dem Fürsten Bismarck mit- 
zutheilen, wodurch dieser Gelegenheit erhielt, „der politischen 
Einsicht, man könnte sagen, dem gesunden Verstande des Herrn 
die Schäden und Gefahren der Rathschläge darzulegen, denen 
wir auf dem von Arnim empfohlenen Wege der Herstellung 
der Legitimität in Frankreich entgegengehen würden.“ Das 
Verfahren gegen Graf Arnim, das von den Gegnern Bismarcks 
so gern aus dem Gesichtspunkte persönlicher Rachsucht betrachtet 
wird, war von ihm selbst herausgefordert durch die Weigerung, 
amtlichen Instructionen Folge zu leisten und zweifellos amt- 
liche Bestandtheile der Botschaftsacten, die er bei seiner Ab- 
berufung von Paris dem Archiv entnommen hatte, zurück- 
zugeben. Bismarck verfolgte dabei nur den Zweck, als Vor- 
gesetzter die amtliche Autorität zu wahren, ein Straferkenntniß 
gegen Arnim hat er weder erstrebt noch erwartet und würde, 
nachdem ein solches erfolgt war, wirksam für eine Begnadigung 
eingetreten sein, „wenn dieselbe in der durch das Contumacial= 
Erkenntniß geschaffenen Lage juristisch zulässig gewesen wäre". 
Eine Strafe von 5 Jahren Zuchthaus hält Fürst Bismarck 
für durchaus ungerechtfertigt: „die Verurtheilung im zweiten
	        
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