Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

156 XV. Bruch mit den Conservativen. Intrigen. Die Nessorts. 
keit kosten werde, den König zur Ernennung Bennigsens zu 
bewegen, daß es aber ganz aussichtslos sein würde, ihm eine 
Neubildung des Ministeriums unter größerer Betheiligung 
der nationalliberalen Partei vorzuschlagen. Bennigsen aber 
schien zu glauben, daß es ihm auch als Minister gestattet sein 
werde, Führer der Nationalliberalen zu bleiben und seine 
Partei zur regierenden zu machen, die fortan dem preußischen 
Staate die Minister, dem Reiche die Staatssecretaire der 
Reichsämter zu liefern hätte, und blieb unzugänglich für die 
Auseinandersetzung Bismarcks, daß es sich vorläufig gar nicht 
um liberal und conservativ handle, sondern einzig um die 
Befestigung unserer nationalen Sicherheit, die bei der Stärke 
der nationalliberalen Partei leichter mit dieser als mit der 
conservativen Partei zu erreichen sei, da diese ihrem ganzen 
Wesen und ihrer geographischen Verbreitung nach niemals zu 
einer nationalen Majorität werden könne. So wurde die 
Verhandlung abgebrochen, von Bismarck in der Ueberzeugung, 
daß sie gescheitert sei, von Bennigsen in der Hoffnung, daß sie 
wieder ausgenommen und auch auf Forckenbeck und Stauffen- 
berg ausgedehnt werden würde. Aber schon hatte die geschäftige 
Fama das Gerücht vom Eintritt Bennigsens nach Berlin ge- 
tragen und zur Thatsache verdichtet, was nur Gegenstand der 
Erwägung gewesen war. Eulenburg, dem die Abneigung des 
Königs gegen Bennigsen nicht unbekannt war, trug das Ge- 
rücht zum Könige, der, über die Eigenmächtigkeit des Reichs- 
kanzlers erzürnt, ihm schriftlich seine lebhafte Entrüstung über 
die Zumuthung kund gab, daß er aufhören sollte, „conservativ“ 
zu regieren. Bismarck ließ dem Kaiser durch Bülowi), der 
gerade als geschäftlicher Beistand in Varzin bei ihm weilte, 
antworten, er könne ihm einen Nachfolger Eulenburgs doch 
nicht vorschlagen, ohne sich vorher von der Bereitwilligkeit des 
Vorzuschlagenden überzeugt zu haben. Diese Ueberzeugung 
habe er bei den Verhandlungen mit Bennigsen nicht gewonnen 
und würde darum überhaupt Anstand genommen haben, ihn 
1) Nicht durch Roon, wie in den „Gedanken und Erinnerungen“ 
steht. Im Manuscript war der Name nur durch B. angedeutet, dieses 
wurde vom Abschreiber als R. gelesen und zu Roon ergänzt.
	        
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