Bedeutung des Dreibundes. Aufgabe der deutschen Politik. 183
und Zukunft —, „unsere beiden kaiserlichen Nachbarn in Frieden
zu erhalten. Die Zukunft der vierten großen Dynastie (in
Italien) werden wir in demselben Maße sicher zu stellen im
Stande sein, in dem es uns gelingt, die drei Kaiserreiche einig
zu erhalten und den Ehrgeiz unserer beiden östlichen Nachbarn
entweder zu zügeln oder in beiderseitiger Verständigung zu
befriedigen. Jeder von Beiden ist für uns nicht nur in der
europäischen Gleichgewichtsfrage unentbehrlich — wir könnten
keinen von beiden missen, ohne selbst gefährdet zu werden —
sondern die Erhaltung eines Elementes monarchischer Ordnung
in Wien und Petersburg, und auf der Basis beider in Rom,
ist für uns in Deutschland eine Aufgabe, die mit der Erhaltung
der staatlichen Ordnung bei uns selbst zusammenfällt.“
Eine ausgesprochene Feindschaft zwischen Deutschland und
Rußland läßt Oesterreichs Ansprüche an das verbündete Deutsch-
land wachsen „erstens in Erweiterung des casus loederis, der
sich bisher nach dem veröffentlichten Texte doch nur auf die
Abwehr eines russischen Angriffs auf Oesterreich erstreckt, und
zweitens in dem Verlangen, dem bezeichneten casus loederis
die Vertretung österreichischer Interessen im Balkan und im
Orient zu substituiren.“ Immer und immer wieder weist
Bismarck darauf hin, daß es zwischen Deutschland und Ruß-
land keine Verschiedenheit der Interessen giebt, welche die Keime
von Conflicten und eines Bruches unabweislich in sich trüge,
daß das Bündniß mit Oesterreich und das weitere Bündniß
mit Italien keine aggressive Tendenz hat und haben sollte.
Zudem bietet der Ausblick in die Zukunft Oesterreichs keinerlei
Bürgschaft für die Beständigkeit des deutsch österreichischen
Bundes. Die Politik für „Pflicht gehaltener Undankbarkeit",
deren Schwarzenberg sich Rußland gegenüber rühmte, kann sich
in dem Oesterreich der Zukunft unter den zersetzenden Wir-
kungen des Kampfes der Völker um die Herrschaft leicht wieder-
holen, wenn sie auch ausgeschlossen erscheint, so lange der gegen-
wärtige Kaiser an der Spitze Oesterreich-Ungarns steht. Eine
vorschauende deutsche Politik muß mit diesen Möglichkeiten
rechnen, darf sich nicht von Vorliebe oder Verstimmungen
leiten lassen, sondern immer nur von objectiver Erwägung der