190 XVIII. Rußlands zukunftige Politik.
keit antideutscher Bündnisse. Auch für die Zukunft bleibt
Deutschlands Hauptinteresse die Erhaltung des Friedens,
zumal da das Deutsche Reich keinerlei geheime Wünsche auf
Erweiterung seines Gebietes hat, die nur durch Krieg verwirk-
licht werden könnten. Alle Bestrebungen im Sinne des
Pangermanismus enthalten den Keim zu schweren politischen
Verwickelungen, sie führen zu einer Prestigepolitik nach
Napoleonischem Muster, reizen die Nachbarn und zerstören
das Vertrauen, „daß die deutsche Politik, nachdem sie die
injuria temporum, die Zersplitterung der Nation, gut gemacht
hat, friedliebend und gerecht sein will“. Durch Ehrlichkeit,
Offenheit und Versöhnlichkeit im Falle von Reibungen hat
Bismarck dieses Vertrauen nicht nur der mindermächtigen
europäischen Staaten, sondern auch der großen Mächte dem
Deutschen Reiche erworben. Trotz der drei Kriege, zu denen
er gerathen hat, war seine Politik doch nicht von Eroberungs-
absichten geleitet; diese Kriege waren nothwendig, um Preußen
und hernach Deutschland aus dem Zustande der Unfertigkeit
und Ohnmacht herauszuheben in die Reihe der „saturirten“
Staaten, deren wichtigstes Bedürfniß ist, unter dem Schutze
der eigenen Stärke die geistige und materielle Wohlfahrt aller
Staatsgenossen zu entwickeln und die nationale Kraft zu den
höchsten Leistungen auf dem Gebiete der Civilisation zu
befähigen.