Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

Erläuterungen zu den „Gedanken und Erinnerungen“. 211 
läßt sich nicht leicht durch blinden Lärm aus dem Geleise bringen, 
und im Interesse meines Herrn und meines Landes weiß ich die 
Verdrießlichkeiten zu vergessen, die mir während der beiden letzten 
Jahre von eurer (russischer) Seite nicht erspart geblieben sind; ich 
führe nicht Buch über die „Liebeleien“, die mein ehemaliger Freund 
und Vormund von Petersburg und mein junger Freund in Paris 
dort unterhalten, aber was die Kanzler betrifft, die mir folgen 
werden, so wird es vielleicht leichter sein, ihr politisches Urtheil 
irre zu leiten, wenn man ihnen, wie man es seit drei Jahren 
gethan hat, die Leichtigkeit durchblicken läßt, mit der man bei 
euch eine Coalition auf der Basis der Revanche schaffen könnte. 
Die Kaltblütigkeit, mit der ich die Möglichkeit in's Auge fasse, 
werde ich meinem Nachfolger nicht hinterlassen können. Was die 
Drohungen offiziöser Zeitungen, was die Pariser Schmeicheleien 
in Feuilletons und Briefen an politische Damen anbelangt, so wird 
es nicht allzuschwer sein, eines Tages einen deutschen Minister, 
den der Gedanke der Isolirung schreckt, in eine falsche Richtung 
zu drängen, und um sie (die Isolirung) zu vermeiden, wird er un- 
geschickte Verbindlichkeiten eingehen, die nachträglich schwer zu lösen 
sind. In keinem Falle werde ich das sein; denn sobald als ich 
so gut als möglich den Forderungen des Reichstags genügt haben 
werde, der den 22. eröffnet werden und nur wenige Wochen 
dauern wird, werde ich mich in's Bad begeben, um nicht wieder 
zu den Geschäften zurückzukehren. Ich habe das Zeugniß der 
medizinischen Facultät, daß ich „untauglich“ bin; „untauglich“ ist 
der amtliche Ausdruck für die Zulässigkeit der Entlassung; er sagt 
unter diesen Umständen nur die traurige Wahrheit. Ich mache 
mir nichts mehr daraus. 
Vor diesem Zeitpunkt werde ich auf das letzte Räthsel eurer 
(der russischen) Politik zu antworten haben; ich bin nicht geschickt, 
Räthsel zu lösen, ich bedarf der Aufklärung in Betreff eines ge- 
heimen Gedankens, den ich, wie es scheint, in der Vergangenheit 
falsch ausgelegt habe. Erhalte ich weder Wink noch Weisung, so 
kann ich die schmale Linie zwischen dem Vorwurf, den Türken zu 
unterstützen, indem ich von Frieden rede, und dem Verdacht, 
verrätherischer Weise zum Kriege zu drängen, nicht finden. Ich 
bin soeben durch das Feuer dieser entgegengesetzten Anklagen 
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