Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

216 Anhang 2. 
die mich unaufhörlich beschäftigt. Es handelt sich um die Haltung 
der verschiedenen deutschen diplomatischen Agenten in der Türkei, 
die seit einiger Zeit sich unglücklicherweise feindlich gegen Ruß- 
land zeigt, was in vollständigem Widerspruch mit den Ueber- 
lieferungen der freundschaftlichen Beziehungen steht, die seit mehr 
als einem Jahrhundert die Politik unserer beiden Regierungen 
geleitet haben und die durchaus im Einklange waren mit ihren 
gemeinschaftlichen Interessen. Diese Ueberzeugung hat sich bei 
mir nicht gewandelt, und ich halte sie auch ungeschmälert fest, da 
ich mir schmeichle, daß es auch die Deinige ist. Aber die Welt 
urtheilt nach den Thatsachen. Wie soll ich mir nun diese Haltung 
der deutschen Agenten erklären, die uns mehr und mehr feindlich 
wird, im Orient, wo, nach dem Ausspruche des Fürsten Bismarck 
selbst, Deutschland kein eigenes Interesse wahrzunehmen hat, 
während wir dort sehr ernste Interessen haben. Wir haben 
soeben einen ruhmreichen Krieg beendigt, der keine Eroberungen 
zum Zwecke hatte, sondern einzig und allein die Verbesserung des 
Schicksals der Christen in der Türkei. Wir haben es soeben be- 
wiesen, indem wir die Provinzen räumten, die wir nach dem Kriege 
besetzt hatten, aber wir bestehen darauf, daß die um den Preis 
unseres Blutes und unseres Geldes erlangten Ergebnisse nicht 
todte Buchstaben bleiben. 
Es handelt sich um weiter nichts, als die Vereinbarungen 
des Berliner Congresses zur Ausführung zu bringen; aber das 
muß mit Gewissenhaftigkeit gethan werden. Nun aber erheben 
die Türken, unterstützt von ihren Freunden, den Engländern und 
den Oesterreichern, die inzwischen in den von ihnen im Frieden be- 
setzten türkischen Provinzen festen Fuß fassen, um sie niemals 
ihrem rechtmäßigen Herrn zurückzugeben, unaufhörlich Schwierig- 
keiten über Einzelheiten, die ebenso für die Bulgaren wie für die 
tapferen Montenegriner von der größten WMichtigkeit sind. — 
Ebenso thun die Rumänen Bulgarien gegenüber. 
Die Mehrheit der europäischen Commissare muß sie ent- 
scheiden. Diejenigen von Frankreich und Italien verbinden sich 
fast in allen Fragen mit den unserigen, während diejenigen von 
Deutschland die Parole empfangen zu haben scheinen, immer die 
Meinung der Oesterreicher zu unterstützen, die uns systematisch
	        
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