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die mich unaufhörlich beschäftigt. Es handelt sich um die Haltung
der verschiedenen deutschen diplomatischen Agenten in der Türkei,
die seit einiger Zeit sich unglücklicherweise feindlich gegen Ruß-
land zeigt, was in vollständigem Widerspruch mit den Ueber-
lieferungen der freundschaftlichen Beziehungen steht, die seit mehr
als einem Jahrhundert die Politik unserer beiden Regierungen
geleitet haben und die durchaus im Einklange waren mit ihren
gemeinschaftlichen Interessen. Diese Ueberzeugung hat sich bei
mir nicht gewandelt, und ich halte sie auch ungeschmälert fest, da
ich mir schmeichle, daß es auch die Deinige ist. Aber die Welt
urtheilt nach den Thatsachen. Wie soll ich mir nun diese Haltung
der deutschen Agenten erklären, die uns mehr und mehr feindlich
wird, im Orient, wo, nach dem Ausspruche des Fürsten Bismarck
selbst, Deutschland kein eigenes Interesse wahrzunehmen hat,
während wir dort sehr ernste Interessen haben. Wir haben
soeben einen ruhmreichen Krieg beendigt, der keine Eroberungen
zum Zwecke hatte, sondern einzig und allein die Verbesserung des
Schicksals der Christen in der Türkei. Wir haben es soeben be-
wiesen, indem wir die Provinzen räumten, die wir nach dem Kriege
besetzt hatten, aber wir bestehen darauf, daß die um den Preis
unseres Blutes und unseres Geldes erlangten Ergebnisse nicht
todte Buchstaben bleiben.
Es handelt sich um weiter nichts, als die Vereinbarungen
des Berliner Congresses zur Ausführung zu bringen; aber das
muß mit Gewissenhaftigkeit gethan werden. Nun aber erheben
die Türken, unterstützt von ihren Freunden, den Engländern und
den Oesterreichern, die inzwischen in den von ihnen im Frieden be-
setzten türkischen Provinzen festen Fuß fassen, um sie niemals
ihrem rechtmäßigen Herrn zurückzugeben, unaufhörlich Schwierig-
keiten über Einzelheiten, die ebenso für die Bulgaren wie für die
tapferen Montenegriner von der größten WMichtigkeit sind. —
Ebenso thun die Rumänen Bulgarien gegenüber.
Die Mehrheit der europäischen Commissare muß sie ent-
scheiden. Diejenigen von Frankreich und Italien verbinden sich
fast in allen Fragen mit den unserigen, während diejenigen von
Deutschland die Parole empfangen zu haben scheinen, immer die
Meinung der Oesterreicher zu unterstützen, die uns systematisch