218 Anhang 2.
Seite 171 ff.
London, den 3. Februar 1877.
Mein Fürst,
Es liegt mir daran, Ihnen meinen lebhaften und aufrichtigen
Dank für die Zeugnisse Ihres gütigen und wohlwollenden Ge-
denkens auszudrücken, die der Graf von Münster mir bei mehr
als einer Gelegenheit übermittelt hat.
Es liegt mir auch daran, Sie der Nutzlosigkeit der An-
strengungen zu versichern, die versucht werden könnten, um mich
von Ueberzeugungen loszureißen, die zu fest in mir begründet
sind, als daß sie jemals erschüttert werden könnten.
Ich habe zu allen Zeiten gedacht, daß das enge Bündniß
unserer beiden Reiche ein so großes „Quantum“ von Kräften
bildete, daß keine andere Macht, einzeln oder verbündet, mit Aus-
sicht auf Erfolg gegen diese Macht kämpfen könnte, die so das
übrige Europa in Schach halten wird.
Als die ersten Grundlagen des Dreibundes im Jahre 1872
zu Berlin gelegt wurden, habe ich für meinen Theil in dem Dritten
nur einen jungen Zweig gesehen, der auf den starken und festen
Stamm unserer alten Freundschaft gepfropft wurde; daß dieser
neue Zweig gedeiht — will ich nicht in Abrede stellen, aber er
möge nur nicht zu seinem Nutzen den Saft des Baumes aufsaugen.
Ich denke kurz gesagt, daß der Hauptzweck unseres Bundes
zu zweien muß bestehen:
Darin, daß Rußland niemals den Bund gegen Deutschland
erlaubt noch leidet, wenn dieses im Westen engagirt sein sollte,
und daß Deutschland uns die Gegenleistung im Orient gewährt.
Wenn Europa von dieser Thatsache überzeugt wäre, so
würden sehr viele Verwickelungen der Zukunft vermieden werden!
Weil dies, mein lieber Fürst, meine Ueberzeugungen von
Anfang an sind, so habe ich nie aufgehört, die geringe Festigkeit
zu beklagen, die das Einvernehmen der drei Mächte in der gegen-
wärtigen Krisis gezeigt hat. Unsere Einigkeit hat sich weder in
Wirklichkeit noch selbst dem Scheine nach offenbart.
Wenn England daran geglaubt hätte, so würde cs eine
festere Politik der Türkei gegenüber befolgt haben.